Schlagwort: Europäische Union

Wladimir Putins Botschaft an den Westen: Ein Zeitfenster für Alternativen (so aktuell wie nie)

Wladimir Putins Rede auf dem Waldai-Forum in Sotchi am 24. Oktober 2014 war wohl der bisherige Höhepunkt verbalen Kräftemessens im Angesicht der gegenwärtigen globalen Krise. (1) Es war ein beachtlicher Auftritt mit dem Anspruch, eine globale Waldai Forum Putin RedeAlternative zu präsentieren.

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Achtung – Mythen um die Ukraine

Kaum ein Jahr ist seit dem politischen Umsturz in Kiew vergangen und schon verwandeln sich die damaligen Vorgänge und ihre Folgen in Mythen, die das Zeug haben, Geschichte zu erklären, bevor sie stattgefunden hat. Die wichtigsten sollen hier aufgezeigt werden.

 

Mythos eins: Russland führt Krieg gegen die Ukraine:

Diese Behauptung führt konsequent dahin, dass Angela Merkel und François  Hollande heute vor aller Welt in der Pose von Schlichtern auftreten können,

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Ukraine – Nationalismus – Russischer maidan – Alternativen – Kriegsgefahr: Kai Ehlers spricht mit dem russischen Dichter-Schritsteller Jefim Berschin

Kai Ehlers: Die politische Situation zwischen Russland und dem Westen ist sehr gespannt. Wo siehst du die Gründe für diese Entwicklung?

 

Jefim Berschin: Ich denke, dass die Entwicklung schon seit langem läuft. Sie steuert jetzt auf den Höhepunkt zu. Es ist die Wirtschaft, die heute herrschende Konsumethik, die auf den Höhepunkt zutreibt. Nichts kann ewig wachsen.

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Poroschenkos blutige Märchenstunde

Zeitgleich mit der Wiederaufnahme des Artilleriebeschusses der Städte Donezk und Lugansk,  das heißt der faktischen Kündigung des Minsker Abkommens durch eine erneute Offensive Kiews gegen die Volksrepubliken Donezk und Lugansk, veröffentlichte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 19.01.2015 einen Aufruf an Europa.

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Putin ist kein Sozialist – Anmerkungen zum Lärm um Front National

Putin ist kein Sozialist – Anmerkungen zum Lärm um Front National

Die Gewährung eines Kredites über neun Millionen Euro an den Front National durch eine tschechisch-russische Bank (FCRB) hat einen Sturm der Entrüstung in der deutschen Öffentlichkeit hervorgerufen. Für viele Menschen ist Wladimir Putins Gefährlichkeit damit endgültig  bewiesen. „Der Deal mit Moskau“, war in „Spiegel-online“ zu lesen, „schürt Befürchtungen, Putins Russland  finanziere  gezielt populistische  Parteien und Gruppierungen, um die Europäische Union  als außenpolitischen Konkurrenten zu schwächen. Denn nicht nur nach Frankreich zum Front national streckt der Kreml seine Fühler aus. In Großbritannien umwirbt der Kreml die radikalen Europa-Gegner von Ukip. In Ungarn unterhält er gute Beziehungen  zur rechtsextremen  Jobbik-Partei. In Deutschland ist Putin auf der Suche nach einem politischen Partner fündig geworden: bei der Alternative für Deutschland. Die AfD wies einen entsprechenden Bericht jedoch als ‚falsch‘ zurück.“

Zugegeben, der Vorgang irritiert – dabei könnte er eigentlich weniger irritierend sein als die die Tatsache, dass die NPD in Deutschland Staatsgelder über die Parteienfinanzierung erhält. Solche bekommt der Front National nicht; in den etablierten politischen Etagen der EU geächtet, konnte er sich nicht einmal einen Bankkredit besorgen. Jetzt fließt ausländisches Geld, zudem ausgerechnet aus Russland, mit dem die EU sich im Sanktionskrieg befindet. Das sieht aus, als müsste man bei der ganzen Angelegenheit ein bisschen tiefer stechen.

Zunächst dies: Nicht Putin gibt einen Kredit, sondern eine Bank, zudem noch eine tschechisch-russische, also eine grenzüberschreitend arbeitende Bank. Zwar werden den Bankchefs vertraute Beziehungen zum russischen Präsidenten nachgesagt, aber dies kann man mit der gleichen Bestimmtheit von hunderten weiterer Personen sagen, die sich im Dunstkreis des Kreml aufhalten. Daraus folgt noch nicht, dass Putin der Auftraggeber dieses konkreten Handels ist, selbst wenn, wie der „Spiegel“ und andere berichten, Marie le Pen im Anschluss an das Krim-Referendum nach Moskau reiste, selbst wenn sie „eine gewisse Bewunderung“ für Putin zum Ausdruck gebracht hat und selbst wenn der Front National zu den „stärksten Kritikern“ der Sanktionspolitik der Europäischen Union gehört. In Russland ist, manche mögen es noch nicht bemerkt haben, seit ein paar Jahren das Wirtschaften nach den Regeln des neo-liberalen Kapitalismus eingezogen. Geld fließt dorthin, wo dessen Verfüger sich Rendite versprechen.

Für Kritiker des Kapitalismus reicht eine solche Erklärung nicht aus. Der Vorgang bleibt politisch und auch moralisch anrüchig. Die heutige Realität des Geldes beschreibt diese Feststellung  jedoch genau. Das gilt umso mehr in einer Situation, in der ein Sanktionskrieg geführt wird, in dem politische Fragen über wirtschaftlichen Druck entschieden werden sollen – mit Sanktionen gegen Russland, mit Verweigerung von Krediten gegen eine politisch unbequeme Partei. Da stellen sich dann Allianzen her, die den mangelnden politischen Dialog auf ihre krude, materielle Weise ersetzen.

Diese Feststellungen beantworten selbstverständlich nicht die weitergehende, sehr komplizierte Frage, ob und wenn, dann warum sich hinter der Kreditierung des Front National mehr als geschäftliche Interessen verbergen könnten, was dran ist an den Befürchtungen, dass sich eine EU-weite populistische Blockbildung herausbilde, in der linke, sozialistische und rechte nationalistische Kritiken an der gegenwärtigen Entwicklung der EU, aktuell an ihrer sinnlosen Sanktionspolitik zu einer europakritischen konservativen Bewegung zusammenfließen, die in Putin angeblich ihren Heilsbringer sieht.

Genannt werden müssen hier die aktuellen Phänomene der sog. „Querfront“ –einer Bewegung, die links und rechts verbinden will, wie auch durchaus, die schon im obigen Zitat des „Spiegel“ genannten populistischen Parteien mit nationalistischen Programmen wie die deutsche AfD, die englische UKIP, die ungarische Jobbik-Partei,  die „Wahren Finnen“, die niederländische „Partei für die Freiheit“ und andere. Die Zuneigung dieser Parteien gegenüber Russland, selbst in den östlichen Teilen der EU, und die Offenheit Russlands ihnen gegenüber ist selbstverständlich keine Frage, die man übergehen könnte, sondern vor dem Hintergrund der historischen Abläufe wie auch denen der konkreten Entwicklung der heutigen Europäischen Union ein ernst zu nehmendes Phänomen – auch wenn der Hinweis darauf von Putin-Feinden als Totschlagargument in der politischen Auseinandersetzung benutzt wird und selbst politisch unbelastete Menschen mit Unverständnis darauf reagieren.

Die einfachste Antwort auf das Phänomen liegt in der generellen Wahrheit des Satzes: Dein Feind ist auch mein Feind.  Unter den Bedingungen der gegenwärtigen Frontbildung zwischen Russland und dem Westen  gewinnt dieser Satz eine beängstigende Realität. Da ist dem „Spiegel“ leider wieder zuzustimmen, allerdings nur halb, denn diese Realität ist sehr fadenscheinig: Was die EU schwächt, scheint Russland zu nutzen und umgekehrt. In Wirklichkeit schadet es beiden. Auch dem lachenden Dritten, den USA, könnte das Lachen auf Dauer vergehen. Diese Konstellation wird sich weiter verschärfen, solange die EU-Spitze – auf Kosten ihrer Mitgliedsländer, die nicht einverstanden sind, sondern unter den Folgen der Sanktionen stöhnen, wie auch auf Kosten ihrer Bevölkerung, welche die mit der Sanktions-Politik verbundenen „Opfer“ als Steuerzahler ausbaden soll, diese Politik fortsetzt.

Das Ergebnis kann nur der Protest gegen den so praktizierten Brüsseler Einheitsanspruch sein, der sich vor dem Hintergrund einer ohnehin prekären Entwicklung der sozialen Lage einer wachsenden Zahl von Menschen in den Mitgliedsländern der EU mit der Kritik an den konkreten wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieser Sanktionspolitik verbindet.

Das Phänomen der „Querfront“-Proteste, die rechts und links, nationale Frage und soziale Proteste miteinander verbinden wollen, ebenso wie die populistischen Parteien, die denselben Anspruch stellen, sind Ausdruck dieser Unzufriedenheit. Ihr durchgehendes Thema ist, bei allen nationalen Unterschieden, die Verteidigung der eigenen, politisch der nationalen, Interessen gegen eine „Überfremdung“ durch das internationale Kapital – und dessen Hauptvertreter die USA, vertretungsweise die Europäische Union als deren Juniorpartner. Darin treffen sie sich unter dem Druck des Sanktionskrieges, der von eben diesen Kräften gegenwärtig gegen Russland geführt wird, voll und ganz mit der einfachen russischen Propaganda.

Ich sage  ‚einfache russische Propaganda‘, weil auf etwas weniger einfacher Ebene zwischen westlichen und russischen Vertretern des Big Business, traditionell gesprochen, des großen Kapitals zu gleicher Zeit, aber hinter verschlossenen Türen Verhandlungen über die Ausweitung von  Geschäftsbeziehungen geführt werden. So zu lesen in der neuesten Ausgabe von „German Foreign Policy“ vom 28.11.2014. Der Sanktionskrieg wird, wie es in dem Bericht wohl zutreffend eingeschätzt wird, zwar fortgesetzt, aber nur um die Fixierung der Rangverhältnisse geführt. Dies mildert die politische Situation allerdings nicht, sondern verstärkt noch die Reflexe einer großen Mehrheit von Menschen, sich vor den Machenschaften dieses internationalen Kapitals in ihre jeweiligen nationalen und sozialen  Nischen zu flüchten.

Wo ist bei dieser Entwicklung noch Platz für Menschen, die sich von diesen Strömungen nicht in ein national-sozialistisches Revival auf neuem historischem Niveau mitreißen lassen wollen? Diese Frage erhebt sich nicht nur in Deutschland, nicht nur in der EU; sie erhebt sich ebenso im ehemaligen sowjetischen Raum, dort, wie  zurzeit in der Ukraine zu sehen, noch um einige Grade unvermittelter, weil im Transformationsprozess zusammengedrängter.

Insgesamt gilt: Nicht einverstanden mit dem Siegeszug  der globalen Kapitalisierung nach dem Zusammenbruch des Sowjet-Sozialismus, nicht willens zurückzukehren in überlebte Formen des Sowjetsozialismus, auch nicht bereit zu einem Einschwenken auf nationale Verkürzungen der globalen Krise, schon gar nicht in der extremen Form wie zur Zeit in der Ukraine oder im „islamischen Staat“, wird der Korridor, der aus der jetzigen Krise in eine Gesellschaft hinüber führt, in der wir wirklich leben wollen, spürbar enger.

Um es ganz anders zu sagen: Zweifellos ist es notwendig dem sinnlosen Putin-Bashing entgegenzutreten und sich für ein Ende des Sanktionskrieges stark zu machen. Eine kooperative Ordnung verschiedener Weltmächte auf Augenhöhe, statt einer konfrontativen unter dem Diktat einer Hegemonialmacht USA, ist das Mindeste, was die Menschheit heute braucht. Dafür ist Russlands Rote Karte gegen die weitere US/EU-Expansion ein Segen. Ebenso sinnlos ist es aber auch, von Putin, ebenso wie von anderen Gestalten auf der gegenwärtigen globalpolitischen Bühne, etwas anderes als Realpolitik zu erwarten. Putin ist, um auf die Überschrift zurückzugreifen, kein Sozialist. Putin ist ein neo-liberaler Traditionalist, der gewachsene soziale Strukturen modernisieren, das heißt, für kapitalistische Produktionsweise  öffnen will. Darin trifft er sich durchaus mit den EU-Bürokraten. Sofern dies auf friedlichem Plateau geschähe, wäre schon etwas gewonnen. Die Debatte um die andere, die zu entwickelnde Zukunft jedoch muss aus der Mitte der Gesellschaft, nicht zuletzt auch in der Auseinandersetzung mit  neuen nationalistischen Strömungen geführt werden, und sie muss radikal geführt werden, in Russland nicht anders als in Europa und anderswo auf dem Globus; selbst die USA sollten man nicht vergessen.

 

Kai Ehlers, www.kai-ehlers.de                                   Freitag, 28. November 2014

Lesen Sie hierzu:

Kai Ehlers, Die Kraft der ‚Überflüssigen‘, Pahl-Rugenstein, 2013

Kai Ehlers, Grundeinkommen als Sprungbrett in eine integrierte Gesellschaft, Pforte, 2. Auflage, 2007

 

Internationale Konferenz in Jalta – Aufruf zur Verteidigung der Menschenrechte in der Süd- und OstukraineKonferenz –

Vom 06. – 07.  07. 2014 fand in Jalta/Krim eine internationale Konferenz von Bürger/innen der Ukraine und Repräsentant/innen des internationalen Solidaritätsnetzwerkes statt, das zur Solidarität mit den Menschen aufruft, die von dem Krieg bedroht sind, den die Kiewer Regierung  mit Unterstützung des Westens gegen die eigene Bevölkerung führt. Thema: „Die globale Krise und der Widerstand in der Ukraine.“ Von den zwischen 50 und 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kamen vier Fünftel aus den autonomen Republiken Donezk, Lugansk und anderen nach Autonomie strebenden Teilen der Ukraine.

Anwesend waren auch Vertreter/innen aus dem Kiewer Raum wie aus dem karpatischen Süd-Westen, des Weiteren rund ein Dutzend Teilnehmer/innen aus den USA, Kanada, Schweden, England, Österreich, Deutschland und Russland.

Erörtert wurden die globalen Ursachen des Kiewer Maidan – die aggressive Krise des westlichen Kapitals, das seinen Einfluss zu erweitern und über die Einbindung der Ukraine in die Strukturen von  EU, NATO und USA die russische Föderation, China und andere potentielle Konkurrenten einzudämmen sucht.

Erörtert  wurde der Übergang des Maidan von einem radikal anti-oligarchischen, pro-europäischen Prozess in eine nationalistische Bewegung, dominiert vom radikalen „Rechten Sektor“, unter dessen Druck  die Regierung Janukowitsch gestürzt und durch eine provisorische Übergangsregierung ersetzt wurde.

Erörtert wurden weiter die sozialen, historischen und aktuellen politischen Wurzeln des Anti-Maidan, die dessen Forderungen nach Autonomie zugrunde liegen: die prekäre soziale Lage, die durch den Anschluss der Ukraine an die europäische Freihandelszone und die daraus folgende Schwächung der eigenen Industrie noch verschärft werden wird, die historische und ökonomische Verbundenheit mit Russland, der Widerstand gegen die vom späten Kiewer Maidan, von der provisorischen und jetzigen Regierung Kiews ausgehenden Zwangs-Ukrainisierung unter dem Druck des rechten Nationalismus.

Unterschiedliche Bewertungen gab es zu der Frage, wie die provisorische und gegenwärtige Kiewer Regierung zu bezeichnen sei – als nicht legitim, als faschistisch oder „nur“ als eine gewaltsam installierte neo-liberale Regierung, welche die Austeritätsziele der ukrainischen Oligarchen und des ausländischen Kapitals mit Hilfe faschistischer Gewalt durchsetzt. Man fand sich in der Formulierung einer „neo-liberalen Regierung, die faschistische Kräfte enthält“.

Unterschiedliche Bewertung gab es dementsprechend, worauf im Bemühen um internationale Solidarität hauptsächlich zu orientieren sei.

Für die gemeinsame Deklaration setzte sich schließlich eine Argumentation durch, welche die Verurteilung des brutalen Angriffs auf die Menschenrechte in den Mittelpunkt rückt, mit dem die neuen Kiewer Machthaber gegen die nach Autonomie verlangende eigene Bevölkerung vorgehen.

Unterschiedliche Positionen gab es auch – allen voran, versteht sich, unter den ukrainischen Teilnehmer/innen – zu den Zielen des Widerstandes. Sind autonome, föderale Lösungen im Rahmen eines alle heutigen Teile der bisherigen Ukraine umfassenden ukrainischen Staates noch möglich oder kann es keine Einheit mehr mit den „Faschisten“ in Kiew geben? Kann und soll ein einheitlicher neuer Staat „Novorossia“ begründet werden? Wie sollte er gestaltet sein? Welche Grundsätze sollten in ihm gelten? Zu diesen Fragen wurden, salopp gesprochen, so viele unterschiedliche Vorstellungen vorgebracht wie Vertreter/innen der verschiedenen Regionen, bzw. auch Widerstandszellen anwesend waren – Donezk, Lugansk, Slawjansk, Charkow, Ukrainische Karpaten u.a.. Eine russischsprachige Erklärung, die eine gemeinsame Zielsetzung für die im ukrainischen Konflikt Stehenden zu skizzieren versucht, wurde nach kontroverser, keineswegs beendeter Debatte verabschiedet.

Anzumerken ist, dass die Konferenz angesichts der prekären Lebenssituation der Masse der ukrainischen Zivilbevölkerung als ganzer, im Besonderen jedoch der Leiden der zur Zeit von der Kiewer Regierung mit Krieg überzogenen Bevölkerung des Ostens und des Südens sowie der humanitären Flüchtlingskatastrophe in starker Betroffenheit und in angespanntem Ernst vonstattenging; dies umso mehr als die aufgrund der Eingliederung in die russische Föderation nicht von den Bürgerkriegswirren erfasste Krim den Hintergrund  bildete, vor dem diese Konferenz stattfand.

Kai Ehlers

www.kai-ehlers.de

(Im Anhang die in Jalta verabschiedete Deklaration im englisch gehaltenen Original und in deutscher Übersetzung, Übersetzer: Kai Ehlers)

Erklärung von Jalta

 

der Versammlung von Bürgern der Ukraine und Repräsentanten internationaler Solidaritätsnetzwerke vom 7. Juli 2014.

 

In der Ukraine entwickelt sich eine schwere menschenrechtliche und humanitäre Katastrophe.

 

Die ukrainische Regierung, die im Februar 2014 die Macht übernahm, führt einen brutalen militärischen Angriff gegen die Bevölkerung im Süd-Osten des Landes.

 

Das Assoziierungsabkommen, das die Regierung am 30. Juni 2014 unterzeichnete, und ihr Austeritätsprogramm kündigen eine scharfe Reduzierung des Lebensstandards an und zerstören effektiv die Industrie, die weitgehend im Südosten lokalisiert ist. Die Ukrainische Regierung schließt rechtsextreme Kräfte mit ein und eine der ersten Maßnahmen ihres anfänglichen Extremismus, danach zurückgezogen, bestand darin Ukrainisch zur einzigen offiziellen Sprache zu machen und damit die Sprachrechte von Millionen Russisch-, Ungarisch- und Anderssprachiger zu verletzen.

 

Diese Regierung wurde von den Regierungen der USA, Englands und der EU sofort anerkannt und in großem Maße finanziell, logistisch, diplomatisch und militärisch unterstützt in der Absicht die Ukraine für internationale Investitionen von Finanzen und Kapital zu öffnen. Die USA will darüber hinaus ihre lange verfolgten Ziele weiter fördern, Russlands Einfluss in der Eurasischen Region einzuschränken, indem sie benachbarte Länder in den Einflussbereich der NATO zieht.  Das kann die Region nur weiter destabilisieren.

 

Menschen, die gegen die Kiewer Regierung protestierten, wurden verhaftet, ins Gefängnis gesperrt, angegriffen und ins Exil getrieben. Einer der schlimmsten Fälle von Gewalt waren die Erschießungen und der Mord von wenigstens 48 Demonstranten in Odessa am 2. Mai.

 

Die Menschen in der Süd-Ost-Ukraine haben versucht sich angesichts des gewaltsamen Vorgehens der Kiewer Regierung selbst zu schützen. Ihre friedlichen Demonstrationen gegen das Austeritätsprogramm und ihre Forderungen nach Autonomie wurden von bewaffneten Banden, von faschistischen paramilitärischen Kräften und von der neuen Nationalgarde gewaltsam beantwortet, deren Mitglieder zu großen Teilen aus den Parteien der äußersten Rechten kommen. In einem Referendum stimmte die Bevölkerung im Süd-Osten der Ukraine mit überwältigender Mehrheit für Selbstverwaltung und deklarierte die Unabhängige Volksrepublik in Lugansk und Donezk.

 

Indem die Kiewer Regierung versucht diese Gebiete zurückzugewinnen, ist sie dabei deren Bewohner zu töten und ihnen den Zugang zu Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung zu nehmen.

 

WIR, Repräsentanten der Bevölkerung des Süd-Ostens und der zentralen Ukraine sowie  Vertreter aus Netzwerken der internationalen Solidarität mit dem Widerstand gegen den Krieg in der Ukraine appellieren für eine dringende weltweite Aktion.

 

Wir rufen auf:

 

  1. Zu einer sofortigen Beendigung des Krieges der Kiewer Regierung.
  2. Zu direkten Gesprächen zwischen Kiew und den Repräsentanten der Donezker und der Lugansker Republik.
  3. Zu einer sofortigen Beendigung der Verletzung von Menschenrechten durch die Kiewer Regierung.
  4. Zur Bildung einer internationalen Solidaritätsbewegung für die unmittelbaren und langfristigen Bedürfnisse der Menschen, die derzeit unter den Angriffen stehen, zur Bildung von Fonds für humanitäre Hilfe und für die Unterstützung ihres politischen Kampfes mit gewaltlosen Mitteln. Wir rufen dazu auf, öffentlich zu machen, was tatsächlich in der Region geschieht.
  5. Zu einer internationalen Untersuchung durch Juristen in Menschenrechtsanwälten über die Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, die im Verlauf dieses Krieges begangen worden sind.
  6. Zu einer Beendigung der gegenwärtigen und geplanten Austeritätspolitik.
  7. Zu einer Beendigung der militärischen NATO-, EU-, USA-Unterstützung für diese Regierung.
  8. Zu einem sofortigen Abbruch der NATO-Manöver in der Ukraine und in Zentral- und Ost-Europa, die darauf gerichtet sind, weitere materielle und moralische Unterstützung für die Kiewer Regierung und ihren Bürgerkrieg zu geben und
  9. Zu einem internationalen Protest gegen den NATO-Gipfel in Wales im September.

 

 

Unterschrieben von:

 

Alan Freeman (England); Radhika Desai (Kanada); Richard Brenner (England); Hermann Dworczak (Österreich); Jeffrey Sommers (USA); Roger Annis (Kanada); Tord Björk (Schweden); Kai Ehlers (Deutschland); Boris Kagarlitsky (Russische Föderation); Vasiliy Koltashow (Russische Föderation); Alla Glintchikowa (Russische Föderation); Wladimir Rogow (Ukraine); Aleksei Anpilogow (Ukraine); Aleksei Albu (Ukraine); Yana Manuilowa (Voksrepublik Donezk); Anastasia Pyaterikowa (Volksrepublik Lugansk)

 

Ukrainische Organisationen:

 

Zentrum für Koordination und Unterstützung einer Ukrainischen Föderation; Vereinigung Ukrainischer Bürger; Politische Partei Borot’ba; Slawische Wache (Zaporozh’e); Volkseinheit (Charkow); Lugansker Wache; Initiativ-Gruppen des antifaschistischen Widerstands von Sumy, Kiew, Dnepropetrowsk, Zaporosche, Odessa.

 

(Unterstützer/innen dieser Deklaration wenden sich bitte an: info@kai-ehlers.de)

(Die Erklärung kann auch hier direkt unterzeichnet werden: http://www.ipetitions.com/petition/yalta-declaration

 

 

 

 

Yalta Declaration

 

Of the assembly of citizens of Ukraine and representatives of international solidarity networks

Yalta, Crimea,

7 July 2014.

 

A major human rights and humanitarian catastrophe is unfolding in Ukraine.

 

The government that took power in Kyiv in February 2014 is conducting a brutal military assault in the southeast of the country.

 

The European Union Association Agreement signed by the government on June 30 and its austerity program promise to sharply reduce living standards and effectively demolish industry, largely located in the southeast. The government includes ministers from far right parties and one measure of its early extremism was a measure, soon withdrawn, to make Ukrainian the only official language, violating the language rights of millions of speakers of Russian, Hungarian and other languages.

 

This right wing government was immediately recognized and given extensive financial, diplomatic and military support by the US, UK and EU governments. They aim to open Ukraine up to investment for international finance and capital. The US also aims to further its long-standing project of countering Russia’s power in the Eurasian region by its drawing neighbouring countries into the orbit of NATO. This can only further destabilize the region.

 

Protesters against the Kiev government have been arrested, imprisoned, attacked and driven into exile. One of the worst cases of violence was the killing and murders of at least 48 antifascist protesters in Odessa on May 2.

 

People in southeast of Ukraine have sought to protect themselves in the face of the violence of the Kiev government’s agenda. Their peaceful demonstrations against austerity and demands for autonomy were violently met by armed gangs, fascist paramilitaries, and the new National Guard, many of whose members are drawn from the parties of the far right. In a referendum in May, the people of the regions of Donetsk and Lugansk voted overwhelmingly for self-rule and declared autonomous people’s republics.

 

As the Kiev government seeks to regain these areas, it is engaged in killing its citizens and denying them access to food, water and medicines.

 

WE, representatives of the people from south east and central Ukraine and delegates from networks of international solidarity with the resistance to war in Ukraine, make this appeal for urgent worldwide action: We call

 

  1. For an immediate end to the war by the Kiev government;
  2. For direct talks between Kiev and the representatives of Donetsk and Lugansk republics;
  3. For an immediate end to the Kiev government’s human rights violations;
  4. For an international solidarity movement addressing the immediate and long term needs of the people currently under attack, raising funds for humanitarian relief and support for their political struggle through non-violent means and exposing what is really happening in the region;
  5. For an international inquiry headed by jurists and human rights advocates into the human rights violations and war crimes that have been committed in the course of this war;
  6. For an end to present and planned austerity policies;
  7. For an end to NATO, EU, US military support for the Kiev government;
  8. For immediate cancellation of the NATO maneuvers in Ukraine and in central and Eastern Europe designed to give further material and moral support to the Kiev government and its civil war; and
  9. For an international protest against the NATO summit in Wales in September.

 

Signed:

Alan Freeman (United Kingdom); Radhika Desai (Canada); Richard Brenner (United  Kingdom);Hermann Dworczak (Austrua); Jeffrey Sommers (USA); Roger Annis (Canada); Tord Björk (Sweden); Kai Ehlers (Germany); Boris Kagarlitsky (Russia); Vasiliy Koltashov (Russia); Alla Glintchikova (Russia); Vladimir Rogov (Ukraine); Aleksei Anpilogov (Ukraine); Aleksei Albu (Ukraine); Yana Manuilova (Donetsk People’s Republic); Anastsia Pyaterikova (Lugansk People’s Republic)

Ukrainian organizations:

Centre for Coordination and Support of Ukrainian Federation; Union of Ukrainian Citizens; Borot’ba Political Party; Slavic Guard (Zaporozh’e); People’s Unity (Khar’kov); Lugansk Guard; Initiative groups of Antifascist resistance from Sumy, Kijev, Dnepropetrovsk, Zaporozh’e, Odessa.

The decalarion can be signed dikrectly by:  http://www.ipetitions.com/petition/yalta-declaration

 

 

 

Ukraine – Bestandsaufnahme im Juni

Schafft ein, zwei, drei viele Allmenden

 

Bericht vom 37. „Forum integrierte Gesellschaft“  am 22.06.2014

Thema: Und immer noch die Ukraine.

Eine Bestandsaufnahme im Juni

 

Liebe Freundinnen, liebe Freunde des Forums, liebe Interessierte!

Es hat jetzt einige Monate gebraucht, bis wir uns wieder  im Forum versammelt haben. Noch steht unsere von den Stürmen des Frühlings zerstörte Versammlungsjurte nicht wieder, aber ihre Wiedergeburt in neuer Gestalt ist für September geplant.

Doch die zerstörte Jurte war nicht der einzige, nicht einmal der wichtigste Grund für die lange Berichtspause – es waren die Ereignisse in und um die Ukraine, die uns so in Anspruch genommen haben, dass für zusätzliche Berichte keine Kraft mehr blieb.

Allmählich ist nun aber absehbar, dass wir mit weiteren Versammlungen unseres Forums und den inzwischen fast traditionellen Berichten nicht weiter  warten können, bis irgendwann einmal Frieden in der Ukraine und eine entspannte internationale Lage, vor allem ost-west  eingetreten ist – denn auch wenn die Lage sich äußerlich aktuell unter dem Schirm dieses „Friedensplanes“ zu entspannen scheint, ist doch eine tatsächliche Lösung der ukrainischen Problematik und eine Ost-West-Entspannung noch in ziemlicher Ferne.

Wir haben uns daher bei unserem letzten Treffen am 22.Juli, zwei Tage nach der Vorlage des „Friedensplanes“ zusammengefunden, um eine Bestandsaufnahme zu versuchen und fanden – ich sage das vorweg – weitaus mehr Fragen als Antworten.

Nur in einem waren wir einig: Der Plan des neuen Präsidenten, so wie er von ihm eingangs vorgelegt wurde, war kein Angebot zu Verhandlungen, sondern ein Katalog, der Unterwerfung  von denen fordert, die bereit sind zu kapitulieren, während er die übrigen mit Ausweisung, bzw. wenn sie weiter Widerstand leisten wollen, mit Liquidation bedroht. Inzwischen sieht es so aus, als ob selbst dieses arge Dokument dazu beigetragen hat, eine gewisse Gesprächsbereitschaft auf allen Seiten zu fördern.– es sollte aber niemand übersehen,  dass auch nach Vorlage des „Friedensplans“ weiter geschossen wurde und bis zum Abfassen dieses Schreiben noch wird, und zwar von beiden Seiten und dass der Strom ziviler Flüchtlinge, der sich in die russische Föderation nach Norden und in die Krim nach Süden wälzt, in nicht zu kontrollierender Weise in die Hunderttausend geht.

Dies alles gilt zweifellos auch noch nach der überraschenden Aufforderung Wladimir Putins an den russischen Föderationsrat, die ihm erteilte Vollmacht zur  Intervention in die Ukraine wieder aufzuheben. (Dieser Schritt kam Juni zwei Tage nach unserem Treffen vom 22. Juni)

Unter dem Eindruck dieser Situation stellen sich jedoch einige grundlegende Fragen, die hier nicht erschöpfend beantwortet, aber doch wenigstens in Kürze aufgezeigt werden sollen.

Die wichtigste Frage, die unter unterschiedlichen Aspekten immer wieder auftaucht, lautet:   Wird Russland sich dazu provozieren lassen, militärisch in die ukrainischen Konflikte einzugreifen? Wenn nicht, wie der aktuelle Schritt Putins deutlich zu machen scheint, dann warum nicht?

Scheut Russland vor der Gefahr einer internationalen Isolierung, einem vielleicht gar möglichen militärischen Großkonflikt mit den Westmächten zurück?  Antwort: Sicher, ja. Positiv gesprochen, Russland hat weder Interesse an einer Zerstörung seiner wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen  zu den Ländern des Westens, auch wenn es sich China annähert, noch an einer militärischen Konfrontation. Russland ist nach wie vor damit beschäftigt, sich aus dem Trümmerfeld herauszubewegen, in das es mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion versunken war.  Die russischen Sorgen resultieren dabei aber weniger aus der Angst vor einem dritten oder wie manche meinen vierten Weltkrieg; ein Weltkriegs- Szenario gilt auch für Russland, trotz allen berechtigten Misstrauens gegenüber den Hegemonialdynamiken des Westens, der USA, aber auch der EU als nicht aktuell.

Aktuell jedoch sind die Sorgen Russlands, sich an der Ukrainischen Krankheit anzustecken. Diese Sorgen haben Russland verleitet, sich auf eine übereilte Einverleibung der Krim einzulassen. Diese Sorgen veranlassen Russland jetzt sich demonstrativ aus den innerukrainischen Konflikten herauszuhalten. Die Ukrainische Krankheit – das ist nicht etwa nur der Separatismus,  nicht etwa nur der russische Nationalismus, der sich im Zuge der Kämpfe, im Gefolge der Flüchtlingsströme in Russland spiegelbildlich zur Ukraine ausbreiten könnte. Es ist vor allem die Dynamik einer sozialen Revolte,  die gegen die Ergebnisse der 25jährigen Oligarchisierung in der Ukraine rebelliert und die sich über die Grenzen der Ukraine auch auf russisches Land ausweiten könnte – denn zwar hat Russland das Stadium des nackten, privaten Oligarchentums, wie es heute noch in der Ukraine herrscht und jetzt unter Poroschenko noch einmal gefestigt werden soll, zugunsten eines  staatlich eingebundenen Oligarchentums hinter sich gelassen,  aber das hat die sozialen Differenzen zwischen arm und reich, zwischen den glitzernden Megastädten und den prekären Lebensverhältnissen auf dem Lande und in den Regionen nicht geringer werden lassen, sondern sie zu neuen sozialen Spannungen verschärft,  die auf Lösung drängen. Ein Partisanenkrieg am Bauch Russlands, ein Flüchtlingsstrom, der die russische Wirtschaft und Gesellschaft belastet, könnte unter diesen Umständen auch für Russland Unruhe bedeuten.

Aber die Frage hat noch einen tieferen Kern: Was sind die Ziele der Volksrepublik Donbass/Lugans und der mit ihnen sympathisierenden Menschen in anderen Teilen der Ukraine – selbst in Kiew und im Westen des Landes, wenn auch durch die dort zur Zeit herrschenden nationalistischen Kräfte überdeckt? Auf den Punkt gebracht, wenn auch keineswegs von allen „prorussischen“,  „separatistischen“ oder einfach nur anti-oligarchischen Kräften gleichermaßen in klarem Bewusstsein  vertreten: die Forderung nach Selbstbestimmung gegenüber der Fremdbestimmung und Ausbeutung durch das oligarchische und jetzt auch noch vom Westen unterstützte Kapital, die Forderung nach räterepublikanischen Lebens- und Verwaltungsstrukturen, kurz: ein aus der Spontaneität kommender radikaler anti-oligarchischer, anti-kapitalistischer Ansatz mit starken Rückbindungen an sozialistische Traditionen. Nicht von ungefähr zogen kürzlich in Donezk zehntausende Stahlarbeiter mit Forderungen nach Vergesellschaftung  der großen Betriebe durch die Stadt. Solche Demonstrationen sind nur die Spitze eines Eisbergs.

Wenn Poroschenko gegen diese Bewegung, deren Grundziele Selbstbestimmung, regionale Selbstverwaltung, Föderalisierung des Landes sind, im Namen einer Zentralisierung der Staatsmacht Krieg führen lässt, dann ist das klare Aufstandsbekämpfung, dann geht es darum – unterstützt durch seine westlichen Befürworter und Finanziers, den antikapitalistischen Funken, der in diesen separatistischen Impulsen liegt, niederzukämpfen.

Und wenn Wladimir Putin den Donezker und Lugansker Separatisten seinerseits die Unterstützung versagt, dann deshalb, weil auch die neue russische herrschenden Klasse  diesen revolutionären Funken, wie schwach auch immer,  nicht im Land haben möchte.

Ganz prinzipiell verstanden steht im Ukrainischen Konflikt die Forderung  nach Selbstbestimmung des Menschen als grundlegendes Menschenrecht gegen den Willen der herrschenden Eliten dieses Recht den Profitinteressen des Kapitals unterzuordnen.   Diese heute auf der globalen Tagesordnung stehende Auseinandersetzung wird in der Ukraine zur Zeit exemplarisch ausgefochten – wobei die Motive selbstverständlich nicht in ideologischer Reinheit auftreten, nicht allen Beteiligten gleichermaßen bewusst sind, sondern vermischt sind mit unklaren, widersprüchlichen, hier und da sogar einfach abenteuernden, wenn geplündert wird, sogar anti-asozialen Motiven. Aber wann war eine Revolution schon einmal ein Plan, den alle gleichermaßen gefasst hätten?  Auf Seiten der herrschenden Kräfte ist man andererseits nur in einem einig, dass diese Positionen nicht hochkommen dürfen. Diese Haltung gilt selbstverständlich auch für das nach-sozialistische Russland, bzw. seine herrschende Schicht.

Es gibt hier noch vieles zu erörtern,  vor allem auch zu beobachten, wie der Konflikt jetzt ausgetragen werden wird – wird der revolutionäre Impuls einfach gnadenlos niedergemacht, wird er durch Spaltung teils integriert und neutralisiert, wird er sich in realen Veränderungen der Verhältnisse niederschlagen? So oder so werden die Impulse aus dieser immer noch offenen Situation die gesellschaftliche Wirklichkeit Russlands, Europas und generell l unserer heutigen Ordnung prägen, insofern die Ukraine das Feld ist, wo sich die drei entscheidenden Transformationslinien unserer heutigen Welt treffen und überlagern.

Das ist die Überwindung des nachsowjetischen Traumas, aus dem heraus neue soziale Formen der Gemeinschaft gesucht werden. Das ist die nachholende Nationalisierung, die diesen sozialen Prozess überlagert. Und das ist der Übergang von einer unipolaren zu einer multipolaren Welt, der sich in dem Integrationskonflikt zwischen Europäischer Union und Eurasischer Union, zwischen atlantischem und asiatischem Bündnisgeschehen ausdrückt. Russland als Teil Europas und zugleich Asiens spielt darin eine entscheidende Rolle.

***

Der Rolle Russland werden wir uns beim nächsten Treffen unter der Fragestellung zuwenden, die durch die den aktuellen Propagandakrieg aufgeworfen wurde:

Sucht Russland eine Revanche für seine Niederlage im Kalten Krieg 1991?

Wir treffen uns am 20. Juli um 16.00 Uhr wie gehabt am bekannten Ort.

Anmeldung bitte unter info@kai-ehlers.de oder Tel. 040 / 64 789 791

 

 

Herzliche Grüße rundherum

Im Namen des Forums für eine integrierte Gesellschaft

Kai Ehlers, Christoph Sträßner

 

(Für weitere Infos zur Krise der Ukraine – bitte : www.kai-ehlers.de )

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und immer noch die Ukraine – eine Zwischenbilanz

Dies eine war selbst für Petro Poroschenkos Förderer nicht zu leugnen: Sein „Friedensplan“,  wie er von ihm vor einer Woche vorgelegt wurde, war kein Angebot zu Verhandlungen, sondern ein Katalog,  der Unterwerfung  von denen fordert, die bereit sind zu kapitulieren, während er die übrigen mit Ausweisung oder wenn sie weiter Widerstand leisten wollen, mit Liquidation bedroht. Inzwischen sieht es so aus, als ob selbst dieses arge Dokument dazu beigetragen hat, eine gewisse Gesprächsbereitschaft auf allen Seiten zu fördern – es sollte aber niemand übersehen,  dass auch nach Vorlage des „Friedensplans“ weiter geschossen wurde und bis zum Abfassen dieses Schreiben noch wird, und zwar

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„We are the hub“ – wir sind der Angelpunkt. Obamas Anspruch auf eine globale Vorwärtsverteidigung.

„Von Europa bis Asien sind wir der Angelpunkt der Allianzen, wie sie es ihn in der Geschichte der Nationen noch nicht gab“, erklärte Barak Obama dieser Tage in einer für die Weltöffentlichkeit gedachten Rede vor Kadetten an der Militärakademie von Westpoint. ...

Mit einer „European Reassurance Initiative“, einem Sicherheitsversprechen der USA an Europa unterstrich Obama in einer Reise durch Polen, die Ukraine und Frankreich den so erneuerten US-Führungsanspruch:

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Feinderklärung – wofür, bitte?

Nun endlich ist es klar heraus: „Spiegel online“, allen übrigen gleichlautenden Medien voran, hat es soeben verkündet: „Die Europäische Union hat einen Feind, zum ersten Mal in ihrer Geschichte.“

Anlass dieser Feststellung ist der in Kiew von dem US-Historiker Timothy Snyder initiierte Kongress „Thinking together“

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Roter Faden durch den ukrainischen Dschungel

Auch ein  halbes Jahr nach Beginn  des Aufruhrs ist die Ukraine ein schönes, mit Naturschätzen gesegnetes, von seinen Möglichkeiten her reiches Land, geografisch, ethnisch, kulturell und politisch vielgestaltig, ein Durchzugsgebiet der Völker und Kulturen seit Beginn der europäischen Siedlungsgeschichte. Unterschiedliche Völker haben die Kultur der Ukraine geprägt, angefangen bei den Hunnen, über die Wikinger, die Mongolen, über Türken, zu Polen und Habsburgern. Zwischendurch waren es immer wieder die Russen; im letzten Jahrhundert kam der Firnis der Sowjetunion dazu. Die Vielgestaltigkeit der Ukraine ist ihre Potenz, als Zerrissenheit, die nach Identität schreit, ist sie zugleich ihr Problem.

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Globaler Maidan? – Liste häufig gestellter Fragen

Seit Monaten füllt die Krise um die Ukraine die Nachrichten. Täglich wird die Öffentlichkeit mit neuen Wahrheiten konfrontiert, die einen Tag später schon wieder überholt sind oder sich gar als gefälscht erweisen  - wie kürzlich die NATO-Fotos vom angeblichen Aufmarsch russischer Truppen an der Ukrainischen Grenze. Der von den Mainstream-Medien verbreitete Informationsnebel wird immer dichter und giftiger, die Reihe offener Fragen immer länger und drängender. Es wird zu einer Frage des geistigen Selbstschutzes, sich nicht weiter verwirren zu lassen. Die folgende Liste von Fragen und Antworten erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie versteht sich nur als kleiner Wegweiser durch den Nebel der Desinformation, der in dem gegenwärtigen Informationskrieg verbreitet wird.

Es folgen Fragen und Antworten...

 

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Brüssel – geopolitische Kameraderie

EU/USA-Gipfel: Hände schütteln, neue Freundschaft, Bündnispflege. Die Mainstream-Medien melden unisono: Obama, Van Rompuy und Barroso einig gegenüber Russland. Lassen wir alle diplomatischen Schnörkel weg, konzentrieren wir uns für einen Moment nur auf die zentrale Botschaft des Tages. Was soll der Öffentlichkeit als Ergebnis der Ukraine/Krim-Krise jetzt verkauft werden?

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Schattenblick-Interview mit Kai Ehlers am Donnerstag, 13. März 2014 in Hamburg

Schattenblick: Wir haben in dem vorangegangenen Vortrag und der anschließenden Diskussion die Sicht und Befindlichkeit Rußlands zwar gestreift, aber nicht allzu intensiv behandelt. Wie erlebt man dort deiner Erfahrung nach die Einkreisung durch die NATO und die EU, auf welche Mentalität trifft dieser neuerliche Vorstoß aus dem Westen, welche Gegenstrategien werden erörtert und entwickelt?

Kai Ehlers: Diese Fragen lassen sich nicht so einfach beantworten, weil man den Komplex in verschiedene Phasen unterteilen muß. Im Moment kann man sagen, daß in Rußland, soweit ich das einschätzen kann, die Empörung über das, was da über Jahre gelaufen und jetzt zu einem gewissen Ende gekommen ist, sehr hohe Wellen schlägt. Man hat den Punkt erreicht, an dem man sagt, es reicht jetzt. Wir sind über Jahre zurückgedrängt worden, haben Teile unseres ehemaligen Einflußbereiches verloren, und jetzt hat man diesen Kraftakt gegen uns durchgesetzt. Es reicht! So ist die Stimmung. Man kann durchaus von einem gewissen russischen Nationalismus sprechen, der da jetzt hochkommt und mir nicht nur angenehm ist. Er enthält auch Stimmen, die ich irrational finde, wenngleich ich gut verstehen kann, woher sie rühren. Das halte ich auch für sehr problematisch. Ich frage mich beispielsweise, wie sich Putin dazu stellt, der seit einer Woche schweigt. Er hat noch nicht Stellung zu der Ankündigung harter Sanktionen seitens der USA und EU genommen. Bei einer Konferenz in der letzten Woche äußerte er sich sehr moderat, sehr staatsmännisch. Er erklärte sehr viel und zeigte Verständnis für die Proteste des Maidan. Zugleich unterstrich er aber auch, daß es nicht so weitergehen könne wie bisher.

Es handelte sich eher um politische Aussagen, die nationalistische Tendenzen erkennen lassen, die man nicht ohne weiteres auf die Stimmung in der Bevölkerung übertragen kann. Viel ist in Bewegung, und wie mir ein Freund per Skype aus Moskau berichtete, fanden dort gerade zwei große Demonstrationen statt. Für übermorgen sind größere Demonstrationen der Liberalen geplant, die ganz und gar gegen die Pläne der Regierung sind. Dabei handelt es sich wiederum um einen Versuch, den Maidan nach Moskau zu holen.

 SB: Vor wenigen Tagen wurden in Moskau zahlreiche Demonstrationsteilnehmer verhaftet. Wie beurteilst du den Umgang mit solchen Demonstrationen und Bewegungen wie auch den NGOs? Die russische Regierung argwöhnt, daß es sich dabei um die Möglichkeit einer westlichen Unterwanderung handelt. Andererseits werden auch Bewegungen unterdrückt, die eigenständige soziale und politische Anliegen vertreten.

 KE: Eines ist klar, diese NGO-Geschichte ist ein altes Problem, zu dem ich immer die einfache Gegenfrage stelle: Was würde Frau Merkel sagen, wenn wir russische NGOs hier hätten, die sich in die deutsche Politik einmischen? Damit hast du schon die Antwort: Das würde Frau Merkel nicht akzeptieren. Würde die Türkei mit irgendwelchen islamistischen oder auch nur tendenziell türkeifreundlichen Organisationen dasselbe in Deutschland machen, stünden diese Gruppierungen unter schärfster Beobachtung und Kontrolle. Das ganze Gerede von der Unterdrückung der NGOs in Rußland ist einfach erstunken und erlogen, da es schlicht und einfach nur darum geht, daß sie sich ausweisen und ihre Ziele offenlegen müssen. Um mehr geht es gar nicht. Da viele NGOs das aber nicht wollen, ist daraus eine Auseinandersetzung entstanden, die immer schärfere Maßnahmen gegen sie in Gang gesetzt hat. Sie sollen sich gefälligst ausweisen, sonst werden sie nicht registriert. Mehr passiert ihnen ja eigentlich gar nicht. Wenn du andererseits bei der deutschen Szene prüfst, wie viele Organisationen vom Verfassungsschutz beobachtet oder nicht zugelassen werden, dann können wir eine ernsthafte Diskussion führen, die auch Sinn macht.

 SB: Putin wird von westlicher Seite im Grunde genommen als Person überzeichnet, als sei er allein Rußland. Zugleich wird in seiner Figur das Angriffsziel ausgemacht. Wie schätzt du die tatsächliche Bedeutung Putins ein? Sind seine Funktion und sein Auftreten innen- und außenpolitisch konsistent oder vertritt er dabei Interessenlagen, die unterschiedlich gewichtet sind?

 KE: Putin ist eindeutig der Mann, der die russische Staatlichkeit nach dem Zerfall der Jahre 1991 bis 1998/99 wiederhergestellt hat. Als solcher wird er von der Bevölkerung geschätzt, mit all den Widersprüchen, die dabei zum Tragen kamen. Er mußte natürlich bestimmte Kreise der Bevölkerung wie insbesondere die Oligarchen und teilweise auch die liberale Opposition hart anfassen. Was er seit 1999 betreibt, bezeichne ich als autoritäre Modernisierung. Man kann ganz klar sagen, daß es sich um keine demokratische, sondern um eine autoritäre Modernisierung handelt. Aber die findet statt, und ich habe ja schon vorhin beim Vortrag hervorgehoben, daß es Putin geschafft hat, die private Situation des Oligarchentums in eine staatliche regulierte korporative Kapitalentwicklung zu überführen. Das gefällt mir zwar auch nicht besonders und ist nach wie vor etwas, das ich eigentlich gar nicht haben möchte. Es ist aber auf jeden Fall ein Erfolg gegen diese Art von privater anarchischer Benutzung des kollektiven Eigentums durch einzelne Personen, die den Staat und die sozialen Bezüge weiter aufgelöst haben. Das wird Putin im Lande selber hoch angerechnet. Auf der anderen Seite wird er heftig kritisiert, wo seine Versprechungen, daß sozial alles besser werden soll, nicht in der Geschwindigkeit, die er gerne hätte, eingelöst werden. Vielleicht will er sie aber auch gar nicht einhalten, wer weiß das so genau. Er steht zwischen den Kapitaleignern und der Bevölkerung, die ihm sein Rating gibt, und ist damit eindeutig Teil der herrschenden Klasse und nicht etwa der Bevölkerung, das ist klar.

 Sein Auftreten nach außen und nach innen ist aus einem Guß. Wenn du siehst, wie sich dieser Mann einmal im Jahr den Fragen der Bevölkerung stellt, dann möchte ich das einmal von unseren Politikerinnen und Politikern erleben. Das ist jedesmal ein Marathon von fünf, sechs, sieben, acht, neun Stunden, in denen er wirklich auf die Fragen eingeht. Und bei der letzten Konferenz gab er in einer weltpolitisch äußerst brisanten Situation ein Interview, in dem er lange Ausführungen auch zur politischen Situation machte. Man würde sich wünschen, auch mal von deutschen oder europäischen Politikern derart inhaltliche Aussagen zu hören.

 SB: Du hast hinsichtlich des Konflikts zwischen Georgien und Ossetien unterstrichen, daß das Nein der russischen Regierung eine neue Phase des Umgangs mit ihr zur Folge hatte. Könntest du dir vorstellen, daß aus russischer Sicht im Falle der Krim oder der Ukraine wieder so eine Grenze gesetzt wird, die aus westlicher Perspektive durchaus als eine auch militärisch gestützte Schranke wahrgenommen wird?

 KE: Das Nein wurde bereits ausgesprochen. Der Beschluß des Föderationsrates, der Putin oder die Exekutive zum Eingreifen in diesen Konflikt ermächtigt, ist bereits als ein eindeutiges Njet zu werten. Ich selbst habe das als einen Schritt der Deeskalation bezeichnet, was keineswegs von allen meinen Freunden und auch der Friedensbewegung geteilt wird. Schaut man sich den Gesamtzusammenhang an, war es ein Schritt der Deeskalation, weil es faktisch zur Beruhigung der Situation beigetragen hat. Diese Entscheidung hat den Vormarsch gestoppt, der da in Gang gesetzt worden ist, mit all den Irritationen, die dazugehören. Ich gehe davon aus, daß die russische Regierung nicht bereit ist, hinter diese Position zurückzufallen. Sie hat nicht die geringste Absicht, einen Krieg vom Zaum zu brechen, sondern einfach nur gesagt, bis hierher und keinen Schritt weiter. Wir akzeptieren das nicht, was ihr hier gemacht habt, das geht zu weit.Wir greifen ein. Damit hat sie eine Situation geschaffen, die die ganze Welt in Aufregung versetzt. Das ist eine klare Zäsur. Was darauf folgt, werden wir sehen.

 SB: In der hiesigen Berichterstattung und Kommentierung wird eher ausgespart als hinreichend erörtert, welche Bedeutung die Ukraine in ökonomischer Hinsicht für Rußland hat.

 KE: Die Ukraine und Rußland haben engste wirtschaftliche Beziehungen.

Rußland ist für die Ukraine sehr wichtig und die Ukraine umgekehrt auch für Rußland. Viele Ukrainer sind als Gastarbeiter in Rußland beschäftigt. Die südlichen Pipelines verlaufen durch die Ukraine in die Europäische Union. Es sind engste Verflechtungen, wenn man etwa an das Donezbecken mit seiner großen Industrie denkt, die derart mit der russischen Ökonomie verbunden ist, daß man das gar nicht auseinanderdividieren kann. Das wissen alle, auch die Europäer und Amerikaner, daß man das gar nicht auseinanderreißen kann. Wollte man es dennoch versuchen, würden das weder die dort lebenden Menschen akzeptieren, noch könnte es die Wirtschaft verkraften.

 SB: Du hast in deinem Vortrag angesprochen, daß Janukowitsch um seine Wiederwahl fürchten mußte, hätte er das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht ausgebremst. Liegt dem ein weit verbreitetes Bewußtsein in der ukrainischen Bevölkerung zugrunde, welche Folgen dieses Abkommen für sie hätte?

 KE: Nein, so würde ich das nicht formulieren. Mit Bewußtsein hat das erst einmal nicht viel zu tun. Es hat etwas mit dem konkreten Erleiden der Wirklichkeit zu tun. Wäre dieser Assoziierungsvertrag abgeschlossen worden, hätte das zweifellos bedeutet, daß die damit verbundenen Auflagen seitens des IWF oder der Europäische Union zu einem enormen Anstieg der Lebenshaltungskosten für die Bevölkerung führen. Beispielsweise fordert der IWF, daß die Gaspreise um zwei Drittel steigen müssen, daß die kommunalen Gebühren erhöht, daß die nicht effektiven Betriebe geschlossen werden und so weiter. Die Währung soll freigegeben und de facto abgewertet werden, was mit Einbußen bei den Lebensverhältnissen verbunden wäre. Dagegen erhebt sich Protest, und aus diesem könnte vielleicht so etwas wie Bewußtsein entstehen. So herum wird ein Schuh daraus. Janukowitsch hätte der Bevölkerung das Assoziierungsabkommen nach dem Motto verkaufen müssen, wir müssen den Gürtel enger schnallen, damit wir nach Europa kommen. Dann kommt man nach Europa, aber der Gürtel ist immer noch zu eng.  Dieser Prozeß läuft nun wieder an, hat doch der sogenannte Übergangspräsident Jazenjuk zuallererst verkündet, man müsse Einbußen akzeptieren. Wie lange er das wohl durchhält? Ich glaube, er hält das nicht lange durch. Vielleicht räumt man ihm ja Sonderkonditionen ein, aber danach sieht es nicht aus. Alles spricht dafür, daß der IWF tatsächlich genauso knallhart vorgeht wie vorher auch. Da werden Forderungen gestellt, das Öl- und Gasgeschäft wird jetzt auf amerikanische Banken und amerikanische Teilhaber überschrieben und so weiter. Es läuft genau das ab, was zu erwarten war, nämlich daß Herr Jazenjuk als Banker die Tür weit aufmacht für westliches Kapital und westliche Kapitalisten. So sieht es aus. Daß die Bevölkerung das honorieren wird, möchte ich schwer bezweifeln.

 SB: In welchem Maße ist der Ruf einer Ausrichtung nach Westen vor allem ein Anliegen der wohlhabenderen Gesellschaftsschichten? Vitali Klitschko sprach ja von den jungen, modernen Eliten, die richtungsweisend für die Ukraine seien. Kann diese Auffassung überhaupt bei der breiten Bevölkerung und insbesondere den ärmeren Leuten Fuß fassen?

 KE: Das kann ich kaum beantworten. Ich kann nur sagen, Klitschko ist Boxer, und ob er wirklich zur neuen Elite gehört, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich denke eher, er hat sich überhoben. Aber es ist kein spezielles Klitschko-Problem, sondern das Problem vieler, die da gegenwärtig unterwegs sind, daß sie gar nicht wissen, was sie tun.

Ich sage es mal ein bißchen salopp. Denn daß der Klitschko sich in seiner eigenen Stärke und in der Situation total verschätzt hat, liegt ja offen vor unseren Augen. Er wurde erst zu einer neuen Figur, einer neuen Bewegung, aufgebaut, und dann läßt man ihn fallen. Und wer ist dran? Die alten Eliten, die schon immer dran waren, nämlich die Oligarchen. Nur in einer neuen Garnitur. Klitschko darf ein paar Worte sagen, vielleicht sogar als Präsident auftreten, aber diese neue Bewegung, die er repräsentiert, spielt in der Übergangsregierung überhaupt keine Rolle. Da spielen die alten Oligarchen, die Neoliberalen, die Rechten, die Nationalisten und Faschisten eine Rolle. Aber Klitschko ist nicht dabei. Wo die jungen Leute bleiben, die mit großen Träumen von Europa auf den Maidan gegangen sind, wird man sehen. Das ist eine ganz tragische Situation.

 SB: Das ist vielleicht auch eine Fehlkalkulation der Konrad-Adenauer-Stiftung und ähnlicher Kreise, die eine Figur wie Klitschko aufgebaut haben. Oder war er von vornherein lediglich eine Spielfigur, ein Strohmann?

 KE: Das eine schließt das andere nicht aus, und die Antwort hast du selber schon gegeben. Er ist von der Adenauer-Stiftung, von der deutschen Politik, aufgebaut, geschult und finanziert worden. Das konnte man immer wieder nachlesen, weil es in völliger Schamlosigkeit und Offenheit dargestellt wurde. Dann hat man ihn ins offene Messer laufen lassen, weil eine Situation hergestellt wurde, der der arme Kerl überhaupt nicht gewachsen war. Er ist auf dem Maidan herumgeirrt und hat gerufen: Bleibt ruhig, bleibt ruhig! Die haben sich einen gelacht. Als am 21. Februar der Kompromiß in Form einer gesamtnationalen Übergangsregierung umgesetzt werden sollte, ist er hingegangen. Da hat man ihn total abserviert und gesagt, wer bist du denn überhaupt? Damit ist der Mann in meinen Augen als Politiker erledigt. Ich glaube, viele Ukrainer sehen ihn ganz anders als die deutschen Medienkonsumenten. Hier wurde er hofiert, aber doch nicht in der Ukraine!

 SB: Vorhin fiel die nicht nur ironisch gemeinte Zwischenbemerkung, daß die deutschen Wirtschaftsverbände im Grunde genommen beinahe die vernünftigste Position in diesem Konflikt vertreten. Man stolpert zunächst schon über den Widerspruch, daß deutsche Wirtschaftsinteressen für eine Zusammenarbeit mit Rußland und gegen eine Eskalation zu sprechen scheinen. Unternehmerverbände haben klar zum Ausdruck gebracht, daß die Geschäftsbeziehungen nicht aufs Spiel gesetzt werden dürften. Woher rührt demgegenüber der Druck, den die Bundesregierung an den Tag legt?

 KE: Diese Frage stelle ich mir auch. Woher kommt dieses Tempo, mit dem die Bundesregierung vorprescht? Ich kann es mir eigentlich nicht wirklich erklären, außer daß sie einfach unprofessionell arbeitet.

Wenn du Frau Nuland hörst, wie sie „fuck EU“ sagt, dann weißt du ungefähr, wo das Problem liegt. Die Europäer – und die Deutschen allen voran – machen in einer Art und Weise Politik, die den amerikanischen Interessen nicht entspricht. Die EU will sich offenbar von den amerikanischen Interessen emanzipieren und voranpreschen, hat dafür aber noch nicht das rechte Geschick. Die Amerikaner können es besser, weil sie bereits mehrere Jahrzehnte Interventionspolitik hinter sich haben. Die Europäer und speziell die Deutschen fangen erst damit an, sie können das noch nicht richtig und haben Fehler gemacht.

Wie sie den Klitschko in aller Öffentlichkeit aufgebaut und dann als Marionette deklariert haben, ist derart blöde gewesen, blöder geht es doch gar nicht mehr. Zumindest im Sinne einer imperialen Logik, die intervenieren will, verbietet es sich, einen Klitschko als Marionette am Gängelband der Adenauer-Stiftung zu präsentieren.

 SB: Würdest du in diesem Zusammenhang auch das Abkommen, das unter deutscher, französischer und polnischer Beteiligung geschmiedet, doch von anderen Kräften sofort gebrochen wurde, ebenfalls als Fehlgriff der EU sehen, die vermutlich von amerikanischen Interessen überholt und ausgehebelt wurde?

 KE: Ich habe das zumindest so wahrgenommen, ich war ja nicht dabei.

Man bekommt immer nur amputierte Informationen und muß stets die Frage stellen, wem das Ganze nützt. Bleibt man an den Einzelheiten hängen, ist man ohnehin schlecht beraten. Soweit ich das vom Ergebnis her bewerte, kann ich nur sagen, daß sich die deutschen und europäischen Interessen offensichtlich verkalkuliert und eine Geschwindigkeit angelegt haben, die sie selbst nicht kontrollieren konnten. Sie haben ihren Westerwelle und wer weiß, wen sonst noch auftreten lassen, sie haben angeheizt und eingeheizt, bis sie das Ganze nicht mehr herunterfahren konnten und es einfach übergekocht ist. Dann haben sie ihren Steinmeier als Feuerwehr geschickt, der mit seinen Amtskollegen aus Frankreich und Polen dem Janukowitsch etwas abgerungen oder versprochen hat, um die höchst brenzlige Situation zu entschärfen.

Kaum hatten sie Kiew den Rücken gekehrt, war ihre Intervention auch schon verpufft. Diese Feuerwehraktion hat überhaupt nichts gebracht, was wiederum zeigt, wie unprofessionell man vorgegangen ist. Ich sage mal ganz freundlich „unprofessionell“, man könnte es auch unverantwortlich nennen, daß sie hinterher nicht auf Einhaltung des unter internationaler Beteiligung ausgehandelten Kompromisses bestanden haben. Kein Wort vom Boden internationalen Rechts, auf dem man sonst so felsenfest steht – nichts dergleichen, du hörst kein Wort davon, das wird einfach hinten runtergekippt. Das soll Professionalität sein?

 SB: Du hast von einem Informationskrieg gesprochen. Die Berichterstattung in den deutschen Medien ist auf geradezu beispiellose Weise eskaliert, als allenthalben Putin mit Hitler verglichen und diverse andere historische Absurditäten kolportiert wurden. Dabei wurden Widersprüche und Gegeninformationen systematisch ausgeblendet oder schlichtweg geleugnet. Kannst du dir vorstellen, wie man so etwas wie eine Gegenöffentlichkeit schaffen könnte?

 KE: Zunächst mal einen kleinen Einwand. Die Quelle des Putin-Hitler-Vergleichs ist Zbigniew Brzezinski, obgleich dieser in seinem neusten Buch eigentlich versucht, Rußland zu umarmen. Er entdeckt sogar demokratische Tendenzen in diesem neuen Rußland – wenn es sich denn von Putin lösen könnte. In der aktuellen Situation fällt er voll auf seine Bärbeißerei und sein Putin-Bashing zurück. Was die ehemalige amerikanische Außenministerin, Frau Clinton, von Putin-Hitler erzählt, hat sie bei ihm abgelesen. Er war der Stichwortgeber, und alles, was du diesbezüglich hier in der Presse liest, ist ein Plagiat der US-Medien.

 Andererseits gibt es in der Tat in der deutschen Presse so eine Art Grundorientierung gegen Putin, so eine Art Beißreflex, der auch rational nicht mehr zu erklären ist, weil er eigentlich dem Interesse der deutschen Wirtschaft zuwiderläuft. Einer meiner russischen Gesprächspartner, Boris Kagarlitzki, hat mir das einmal so erklärt: Das ist der ideologische Reflex auf der einen und die wirtschaftliche Wirklichkeit auf der anderen Seite. Deutschland sucht und braucht die Beziehung zu Rußland, da gibt es überhaupt nichts zu diskutieren. Aber der Neoliberalismus als Ideologie ist derart in die Köpfe der Medienmacher eingedrungen, daß sie selbst Opfer dieser Ideologie sind und gar nicht anders können. Sie müssen ihre neoliberale Ideologie über Rußland ausschütten. Da ist was dran an diesem Gedanken, daß das so eine Art Selbstgänger ist.

Gut, was kann man dagegen tun? Ich kann nur sagen, was ich dagegen tue: Ich versuche, die Situation irgendwie zu durchschauen, was schwer genug ist. Selbst wenn man hinfährt – das hat Susann vorhin auch deutlich gemacht -, kannst du erst einmal nur einen bestimmten Aspekt erzählen. Du brauchst andere Schlüssel, um das, was du selbst erlebt hast, in einen Zusammenhang stellen zu können. Es ist aus meiner Sicht sehr schwer, überhaupt so etwas wie eine Übersicht zu bekommen, und die Frage, wem das alles nützt, ist die einzig relevante Frage, die ich immer wieder stelle. Das ist mein Maßstab, und den würde ich auch gerne anderen mitgeben. Wem nützt das, was da abläuft? Wenn du so rangehst, dann kannst du anfangen zu sortieren. Und das Sortieren ist unbedingt notwendig. Ich gebe ein Beispiel, das ich gerade erlebt habe: In der Zeit von gestern steht sinngemäß über einem Artikel „Putins Ausreden und die Wirklichkeit“. Dann werden zehn angebliche Fragen aufgeführt, die anhand angeblichen Fakten abgearbeitet werden. De facto lösen sich dabei jedoch die Fragen alle im Nebel auf.  Unsere Aufgabe wäre es, in einer Art Faktenchek zu auftauchenden Fragen den Menschen etwas an die Hand zu geben. Was stimmt, was stimmt nicht? Was kann man beweisen, was ist lediglich ein Gerücht? Auf diese Weise könnte man auch den Gerüchtemachern aus der eigenen Kiste entgegentreten. Du hattest vorhin angesprochen, daß man bei der Frage, wer auf dem Maidan geschossen hat, nicht bloßen Verschwörungstheorien anheim fallen darf, da man sich andernfalls selber die Möglichkeit nimmt, seriös zu argumentieren. Man sollte ganz klar bei dem bleiben, was beweisbar ist, und eine Untersuchung des nicht Bewiesenen fordern.

Ich denke, daß in dieser Hinsicht sehr viele Engagement von unserer Seite erforderlich ist. Zudem sollte man den demokratischen Anspruch der Europäischen Union und Deutschlands in der Weise ernst nehmen, daß man seine Einhaltung fordert. Nur auf dieser Grundlage kann man eine wirksame Kampagne ins Leben rufen. Klassenfragen und dergleichen ziehen heute überhaupt nicht. Du mußt auf der Ebene der demokratischen Werte argumentieren, und auf dieser Ebene kann man, wenn überhaupt, mit Menschen ins Gespräch kommen: Schau dir an, was sie wirklich tun, wie sie lügen. So kannst du an die Menschen rankommen, sonst kommst du gar nicht ran.

SB: Du hattest Boris Kagarlitzki erwähnt. Welche Rolle spielt heute eine Linke in Rußland im allgemeinen und insbesondere auch in diesem Konflikt?

KE: Für Rußland gilt im Prinzip ähnlich wie für die Ukraine, daß die Linke eigentlich kaum eine Rolle spielt. Da aber Rußland größer und inzwischen geordneter als die Ukraine ist, hat die russische Linke auf intellektueller Ebene einen größeren Einfluß. Praktisch und politisch hat sie derzeit hingegen keinen Einfluß. Immerhin gibt es aber in Moskau das Institut für Erforschung der Globalisierung und sozialen Bewegungen. Dieses Institut von Boris Kagarlitzki, das mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung aufgebaut wurde und auch unterhalten wird, ist sehr aktiv in der Analyse und Publizistik. Ich denke, daß auf diesem Weg ein gewisser Einfluß ausgeübt wird, den man freilich nicht überschätzen sollte. Die Grenzen sind durch den liberalen Flügel, der nur an seinem Neoliberalismus interessiert ist, sehr eng gezogen. Auf der anderen Seite begrenzen die Altkommunisten den Bewegungsraum.

Beispielsweise wurden vor einigen Jahren Sozialforen organisiert, an denen 1.500 Menschen teilnahmen. Wenngleich das für Rußland natürlich sehr wenig ist, war es für sich genommen doch eine erfreuliche Anzahl.

Regelrechte Strategien kamen dabei allerdings nicht heraus, es ging eher darum, sich mal ausgetauscht zu haben, was auch schon ganz gut war. Interessant ist daran, daß Boris Kagarlitzki, das Institut und eine ihnen angeschlossene Gruppe namens Post Globalisation Initiative vor kurzem nach Brüssel einladen konnten, und zwar zum allerersten Mal nicht auf Kosten des Westens, sondern auf ihre Kosten. Sie haben westliche Freunde nach Brüssel eingeladen, wo wir eine Konferenz zur Lage in der Ukraine durchführten. Ich fand es sehr bemerkenswert, daß es in Rußland inzwischen Kräfte gibt, die bereit sind, die Linke zu unterstützen. Diese bekommt Gelder von irgendeiner Stelle, was wir Sponsoren nennen, während sie von Oligarchen sprechen.

SB: In der Landwirtschaftsausstellung Grüne Woche in Berlin gab es ein Forum Osteuropa, in dem klar formuliert wurde, daß die Zukunft der Welternährung aus Sicht der Agrarkonzerne in Rußland und in der Ukraine angesiedelt sei. Weißt du etwas darüber, inwiefern die Frage der Böden und der Nahrungsmittelressourcen ein strategisches Pfund ist?

KE: Ich weiß, daß die Chinesen gerade im Zuge der aktuellen Auseinandersetzungen in der Ukraine große Ländereien gekauft haben und weitere kaufen oder langfristig pachten wollen. Sie wollen dort Gemüse anbauen, Schweine züchten und so weiter, um die Versorgung ihres eigenen Landes sicherzustellen. Und das gilt nicht nur für die Chinesen, sondern auch für andere Interessenten, weil die Ukraine bekanntlich über sehr fruchtbare Schwarzerdeböden verfügt. Was Rußland betrifft, habe ich mich mit dieser Frage noch nicht intensiv befaßt. Ich weiß aber, daß große Teile des Landes brachliegen. Wenn du mit dem Zug durchs Land fährst – man macht dort schöne lange Reisen von mehreren Tagen -, dann ziehen am Fenster verlassene Kolchosfelder vorbei, auf denen inzwischen halbhohe Bäume stehen. Es sind Felder, die niemand mehr bestellt, und sie neu zu kultivieren bedürfte ungeheurer Anstrengung, weil diese Bäumchen schon stark verwurzelt sind. Land ist also reichlich vorhanden, und wenn man Geld einsetzen würde, könnten Riesenflächen wieder urbar gemacht werden. Aber wer das macht, über welche Kanäle das läuft und welche Gewinne damit erzielt werden, entzieht sich zur Zeit vollkommen meiner Kenntnis.

SB: Kai, vielen Dank für dieses ausführliche Gespräch.

Links zu Schattenblick:

INTERVIEW/211: Der alte Feind – Mit umgekehrten Vorzeichen … Kai Ehlers im Gespräch (SB)  http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0211.html

 …und in der SB-Druckausgabe (.pdf) und SB-Ausgabe für E-Reader (.epub) unter:

 http://www.schattenblick.de/da/2014/03/sb_140324_schattenblick_druckausgabe.pdf

 http://www.schattenblick.de/da/2014/03/sb_2014-03-24.epub

 

Die Krim russisch – was nun?

Die Bevölkerung der Krim hat sich entschieden. Sie will mehrheitlich zu Russland gehören. Der russische Präsident Putin hat das Ergebnis angenommen. Der „Westen“, allen voran die USA und die EU und mit ihnen die Übergangsregierung der Ukraine wollen das Ergebnis nicht akzeptieren – „nie“, wie es aus den USA verlautet. Was nun?

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Ukraine: Nationalismus, Spaltung oder Föderation selbstverwalteter Regionen auf demokratischer Basis?

Schafft ein, zwei, drei viele Allmenden

Bericht vom 36. „Forum integrierte Gesellschaft“  am 09.03.2004

Als Tagesordnung war angesetzt: Bildung und Revolution. Das Thema erhielt durch die Ereignisse in und um die Ukraine eine beunruhigende Aktualisierung,  Stichwort des Treffens war dann: Rebellion ist gerechtfertigt, aber ohne tiefgreifende demokratische Bildung besteht die Gefahr, dass die berechtigte Rebellion von interessierter Seite benutzt und in die Destruktion geführt wird – wie es in der Ukraine jetzt mit all den Folgeerscheinungen der inneren und äußeren Konfrontationen geschehen ist. Besonders beunruhigt uns die Politik Deutschlands, die als „Führungskraft“ innerhalb der EU erkennbar auf den Umsturz eines demokratisch gewählten Präsidenten hingearbeitet hat und unübersehbar bereit ist mit erklärten Faschisten offen zusammenzuwirken. 

 

Das soll an dieser Stelle jetzt nicht im Detail ausgeführt werden. Bitte schaut für Information und Hintergrundanalysen zum Ukraine/Krim-Konflikt auf die Website www.kai-ehlers.de 

 

Hier nur noch so viel:

 

Vertreter des „Forums integrierte Gesellschaft“ und das Forum insgesamt sind zur Krise in der und um die Ukraine mit eigenen Veranstaltungen und Veröffentlichungen aktiv geworden.  U.a. hat sich aus unserer Sicht eine besondere Klammer zwischen der öffentlich angekündigten Veranstaltung des Forums zu dem Thema „Voran zur Regionalisierung statt zurück zur Nationalisierung“ mit den Vorgängen in der Ukraine ergeben, so dass wir beschlossen haben, beide Themen in einer Veranstaltung zusammen zu führen.

 

Wir geben Euch den Aufruf zu dieser Veranstaltung hier in den Rundbrief in der Hoffnung Euch damit zu ähnlichen Aktivitäten anregen zu können. (Aufruf weiter unten und im Anhang.)  Wenn Ihr Hilfe braucht, wendet Euch an uns. Wir meinen, dass es dringend geboten ist, der Verherrlichung des Ukrainer Umsturzes  als demokratische Revolution die Tatsachen entgegenzustellen, die zeigen, wie die Sehnsucht einer Bevölkerung nach Demokratie und Wohlstand durch erklärt antidemokratische Kräfte im Lande selbst, sowie durch die Interventionen der bekannten „global player“ missbraucht worden ist. Dabei nehmen wir,  wo nötig und berechtigt, auch Russland nicht aus, sind aber nicht bereit uns der Dämonisierung Russlands, insbesondere ihres Präsidenten Wladimir Putin anzuschließen. Was wir stattdessen brauchen ist eine an Verständigung orientierte Aufklärung.

 

Das nächste Treffen des Forums ist für Sonntag, d. 06. 04. 2014 angesagt.

 

Ort: Rummelsburgerstr. 78, U-1 Farmsen.  Bitte meldet Euch vorher an.

 

Thema  wird sein: Wie geht es weiter in und um die Ukraine?

 

 

 

Kai Ehlers

 

Im Namen des Forums integrierte Gesellschaft

 

 

 

***

 

 

 

MOTTE – Samstag, 15.03. 2014 um 15.00 Uhr,

 

Kultur- und Stadtteilzentrum, Eulenstr. 43 (Altona)

 

 

 

aus aktuellem Anlass:

 

 

 

UKRAINE:

 

Nationalismus,  Spaltung

 

oder Föderation selbstverwalteter Regionen

 

auf demokratischer Basis?

 

 

 

 

 

Die Veranstaltung in der MOTTE ist angekündigt unter dem Thema: „Zurück zur Nation oder voran zur Region?“ Aus aktuellem Anlass wird die Veranstaltung sich mit den Ereignissen um die UKRAINE beschäftigen. In der Ukraine stellt sich die Frage „Zurück zur Nation oder voran zur Region“ exemplarisch und radikal: Nationalismus, Spaltung  oder Föderation miteinander kooperierender selbstverwalteter, ggfll. auch autonomer Regionen auf demokratischer Basis?  Lautet dort die Frage.

 

Veranstalter ist das „Forum integrierte Gesellschaft“ in Zusammenwirken mit der „MOTTE“. Einen Einführungsvortrag gibt Kai Ehlers, Russlandforscher.  Fragen und weitere Beiträge sind erwünscht.

 

 

 

Eintritt frei

 

(Bitte Hausschuhe mitbringen)

 

 

 

 

 

 

 

 

Vom europäischen Traum zur Europäischen Union

Krisen kennzeichnen unsere heutige Welt – Afghanistan, Nordafrika, Syrien, Somalia, um nur einige zu nennen. Wir leben mit ihnen. Jetzt aber die Ukraine! Seit Monaten fressen sich die Proteste auf dem „Euromaidan“ ins öffentliche Bewußtsein. Inzwischen beherrscht die Ukrainische Krise die internationale Diplomatie, Weltkriegsszenarien werden entworfen.  Was ist an dieser Krise so besonders, dass sie alle anderen Krisenherde derart überragt?

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Russisch – Ukrainische Optionen

Einstimmig haben Moskauer Duma und Föderationsrat gestern Wladimir Putins Antrag zugestimmt, russisches Militär auf dem Gebiet der Ukraine, präziser, auf der Krim, einsetzen zu dürfen... Wer jetzt Invasion, Besetzung oder gar Annexion ruft, hat den Text nicht richtig gelesen und auch die darauf folgenden Ereignisse nicht richtig verfolgt oder will es nicht...

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Suchbild Ukraine: Wer findet den Unterschied?

 Am Tag des Machtwechsels in der Ukraine konnte man in deutschen Presseorganen folgende Meldungen lesen – und im Übrigen auf den Kanälen des staatlichen Fernsehens hören: „Die Ukraine hat nach den Massenprotesten wirtschaftliche Schwierigkeiten, Russland stoppt dennoch zugesagte Gelder. Jetzt stellt die EU Unterstützung in Aussicht.“ Unisono tönte es so aus den Mainstream-Medien.

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Ukrainische Alchemie

Das Schießen auf dem Kiewer Majdan wurde eingestellt. Ein Fahrplan wurde vereinbart, der vom bewaffneten Konflikt zurück in die politische Lösung der ukrainischen Krise führen soll: Bildung einer vorläufigen Regierung der nationalen Rettung binnen zehn Tagen. Rückkehr zur Verfassung von 2004,  das heißt, Rückführung von Kompetenzen des Staatspräsidenten zugunsten parlamentarischer Strukturen. Vorgezogene Neuwahlen zum Dezember 2014, statt März 2015... So weit, so erfreulich und aus vollem Herzen zu begrüßen, bis auf eine Kleinigkeit, nämlich, dass die durch ihre Militanz auf dem Majdan hervorgetretene Gruppe "Rechter Sektor" die Vereinbarung mit der Regierung als  Betrug betrachte. Sie fordert den sofortigen Rücktritt des Präsidenten und will die "nationale Revolution" bis zum kompletten Sturz der Regierung fortsetzen.

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Ukraine – Cui bono?

Was zu befürchten war, ist geschehen: bisher 25 Tote, 250 Schwer-, über tausend Leichtverletzte, zwei Drittel davon auf Seiten des Majdan, ein Drittel bei den Polizeikräften. Das Zahlenverhältnis macht klar: hier wird nicht eine unbewaffnete Demonstration von überlegenen Polizeikräften niedergemacht, hier wird brutal mit der Absicht zu verletzen und sogar zu töten gekämpft.

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Ukrainische Perspektiven

Was geschieht heute in der Ukraine? Antworten auf diese Frage fallen schwer. Die Stimmen der Aktivisten auf dem Majdan, die abseits gelegenen, aber nicht minder wichtigen Schauplätze regionaler Proteste, die über die Ereignisse gezogenen medialen, diplomatischen und politischen Schleier internationaler Akteure bilden ein chaotisches, kaum überschaubares Feld.  Wer verstehen will, sieht sich gezwungen zu sortieren.

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Ukraine: Pragmatische Lösung oder Zeitreise in die Vergangenheit?

Die Ereignisse in der Ukraine treiben einer Eskalation entgegen. Eine friedliche Lösung  des Konfliktes zwischen der Majdan-Opposition und Präsident Janukowytsch scheint kaum noch möglich, nachdem das überraschende Angebot des Präsidenten, zwei  der drei  führenden Vertreter der Opposition, Arseni  Jazenju und Vitali Klitschko in die Regierungsverantwortung einzubinden, von den beiden in Übereinstimmung mit dem dritten in der Oppositionstroika, dem Nationalisten Tiagnibok als „vergiftetes Angebot“ (Klitschko)  abgelehnt wurde....

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Grundeinkommen für die Ukraine?

Wer die Bilder vom Treffen der beiden Präsidenten, Janukowytsch und Putin, gesehen hat, die sich gegenseitig in bester Laune zuzwinkern, der weiß, daß in Moskau etwas vereinbart wurde, was außerhalb der üblichen Spielregeln heutiger Politik liegt.

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