Schlagwort: Krise

Poroschenko´s Frieden: eine Kriegserkläring – Kommentar zu einem exemplarischen Meisterstück der Demagogie

Bemerkenswertes ist dieser Tage in deutschen Medien über den „Friedensplan“ des neuen Ukrainischen Präsidenten zu lesen und zu hören, so beispielsweise in dem überaus interessanten Kommentar von Reinhard Veser in der FAZ vom Samstag, d. 21. Juni 2014, der – anders als man es in letzter Zeit zu hören und zu lesen gewohnt war und anders als Frau Merkel es verlauten lässt, die den „Friedensplan“ Poroschenkos für eine gute Grundlage hält „jetzt eine politische Lösung zu finden“ – kritische Töne gegenüber der Kiewer Regierung anschlägt – um dann allerdings nach einigen halbwahren Wendungen und Unterstellungen mit umso martialischeren Forderungen aufzuwarten.

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„We are the hub“ – wir sind der Angelpunkt. Obamas Anspruch auf eine globale Vorwärtsverteidigung.

„Von Europa bis Asien sind wir der Angelpunkt der Allianzen, wie sie es ihn in der Geschichte der Nationen noch nicht gab“, erklärte Barak Obama dieser Tage in einer für die Weltöffentlichkeit gedachten Rede vor Kadetten an der Militärakademie von Westpoint. ...

Mit einer „European Reassurance Initiative“, einem Sicherheitsversprechen der USA an Europa unterstrich Obama in einer Reise durch Polen, die Ukraine und Frankreich den so erneuerten US-Führungsanspruch:

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Feinderklärung – wofür, bitte?

Nun endlich ist es klar heraus: „Spiegel online“, allen übrigen gleichlautenden Medien voran, hat es soeben verkündet: „Die Europäische Union hat einen Feind, zum ersten Mal in ihrer Geschichte.“

Anlass dieser Feststellung ist der in Kiew von dem US-Historiker Timothy Snyder initiierte Kongress „Thinking together“

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Poroschenko, Timoschenko und Co – Anmerkungen zu einem bemerkenswerten Programm

„Sie werden keinen Einfluss auf die Politik haben. Punkt.“ antwortete Petro Poroschenko, ukrainischer Präsidentschaftskandidat, auf die Frage, wie er den Einfluss der  Oligarchen in seinem Lande begrenzen wolle. „Das sind diese Leute, die politische Kräfte finanziert haben.  Das wird es nicht mehr geben, weil es nicht  mehr gesetzlich sein wird, Wenn sie versuchen, das Gesetz zu verletzten, werden sie nach dem Gesetz zur Verantwortung gezogen werden.“ - Wie er das machen will lesen Sie auf den folgenden Seiten.

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Roter Faden durch den ukrainischen Dschungel

Auch ein  halbes Jahr nach Beginn  des Aufruhrs ist die Ukraine ein schönes, mit Naturschätzen gesegnetes, von seinen Möglichkeiten her reiches Land, geografisch, ethnisch, kulturell und politisch vielgestaltig, ein Durchzugsgebiet der Völker und Kulturen seit Beginn der europäischen Siedlungsgeschichte. Unterschiedliche Völker haben die Kultur der Ukraine geprägt, angefangen bei den Hunnen, über die Wikinger, die Mongolen, über Türken, zu Polen und Habsburgern. Zwischendurch waren es immer wieder die Russen; im letzten Jahrhundert kam der Firnis der Sowjetunion dazu. Die Vielgestaltigkeit der Ukraine ist ihre Potenz, als Zerrissenheit, die nach Identität schreit, ist sie zugleich ihr Problem.

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Globaler Maidan? – Liste häufig gestellter Fragen

Seit Monaten füllt die Krise um die Ukraine die Nachrichten. Täglich wird die Öffentlichkeit mit neuen Wahrheiten konfrontiert, die einen Tag später schon wieder überholt sind oder sich gar als gefälscht erweisen  - wie kürzlich die NATO-Fotos vom angeblichen Aufmarsch russischer Truppen an der Ukrainischen Grenze. Der von den Mainstream-Medien verbreitete Informationsnebel wird immer dichter und giftiger, die Reihe offener Fragen immer länger und drängender. Es wird zu einer Frage des geistigen Selbstschutzes, sich nicht weiter verwirren zu lassen. Die folgende Liste von Fragen und Antworten erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie versteht sich nur als kleiner Wegweiser durch den Nebel der Desinformation, der in dem gegenwärtigen Informationskrieg verbreitet wird.

Es folgen Fragen und Antworten...

 

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Brüssel – geopolitische Kameraderie

EU/USA-Gipfel: Hände schütteln, neue Freundschaft, Bündnispflege. Die Mainstream-Medien melden unisono: Obama, Van Rompuy und Barroso einig gegenüber Russland. Lassen wir alle diplomatischen Schnörkel weg, konzentrieren wir uns für einen Moment nur auf die zentrale Botschaft des Tages. Was soll der Öffentlichkeit als Ergebnis der Ukraine/Krim-Krise jetzt verkauft werden?

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Schattenblick-Interview mit Kai Ehlers am Donnerstag, 13. März 2014 in Hamburg

Schattenblick: Wir haben in dem vorangegangenen Vortrag und der anschließenden Diskussion die Sicht und Befindlichkeit Rußlands zwar gestreift, aber nicht allzu intensiv behandelt. Wie erlebt man dort deiner Erfahrung nach die Einkreisung durch die NATO und die EU, auf welche Mentalität trifft dieser neuerliche Vorstoß aus dem Westen, welche Gegenstrategien werden erörtert und entwickelt?

Kai Ehlers: Diese Fragen lassen sich nicht so einfach beantworten, weil man den Komplex in verschiedene Phasen unterteilen muß. Im Moment kann man sagen, daß in Rußland, soweit ich das einschätzen kann, die Empörung über das, was da über Jahre gelaufen und jetzt zu einem gewissen Ende gekommen ist, sehr hohe Wellen schlägt. Man hat den Punkt erreicht, an dem man sagt, es reicht jetzt. Wir sind über Jahre zurückgedrängt worden, haben Teile unseres ehemaligen Einflußbereiches verloren, und jetzt hat man diesen Kraftakt gegen uns durchgesetzt. Es reicht! So ist die Stimmung. Man kann durchaus von einem gewissen russischen Nationalismus sprechen, der da jetzt hochkommt und mir nicht nur angenehm ist. Er enthält auch Stimmen, die ich irrational finde, wenngleich ich gut verstehen kann, woher sie rühren. Das halte ich auch für sehr problematisch. Ich frage mich beispielsweise, wie sich Putin dazu stellt, der seit einer Woche schweigt. Er hat noch nicht Stellung zu der Ankündigung harter Sanktionen seitens der USA und EU genommen. Bei einer Konferenz in der letzten Woche äußerte er sich sehr moderat, sehr staatsmännisch. Er erklärte sehr viel und zeigte Verständnis für die Proteste des Maidan. Zugleich unterstrich er aber auch, daß es nicht so weitergehen könne wie bisher.

Es handelte sich eher um politische Aussagen, die nationalistische Tendenzen erkennen lassen, die man nicht ohne weiteres auf die Stimmung in der Bevölkerung übertragen kann. Viel ist in Bewegung, und wie mir ein Freund per Skype aus Moskau berichtete, fanden dort gerade zwei große Demonstrationen statt. Für übermorgen sind größere Demonstrationen der Liberalen geplant, die ganz und gar gegen die Pläne der Regierung sind. Dabei handelt es sich wiederum um einen Versuch, den Maidan nach Moskau zu holen.

 SB: Vor wenigen Tagen wurden in Moskau zahlreiche Demonstrationsteilnehmer verhaftet. Wie beurteilst du den Umgang mit solchen Demonstrationen und Bewegungen wie auch den NGOs? Die russische Regierung argwöhnt, daß es sich dabei um die Möglichkeit einer westlichen Unterwanderung handelt. Andererseits werden auch Bewegungen unterdrückt, die eigenständige soziale und politische Anliegen vertreten.

 KE: Eines ist klar, diese NGO-Geschichte ist ein altes Problem, zu dem ich immer die einfache Gegenfrage stelle: Was würde Frau Merkel sagen, wenn wir russische NGOs hier hätten, die sich in die deutsche Politik einmischen? Damit hast du schon die Antwort: Das würde Frau Merkel nicht akzeptieren. Würde die Türkei mit irgendwelchen islamistischen oder auch nur tendenziell türkeifreundlichen Organisationen dasselbe in Deutschland machen, stünden diese Gruppierungen unter schärfster Beobachtung und Kontrolle. Das ganze Gerede von der Unterdrückung der NGOs in Rußland ist einfach erstunken und erlogen, da es schlicht und einfach nur darum geht, daß sie sich ausweisen und ihre Ziele offenlegen müssen. Um mehr geht es gar nicht. Da viele NGOs das aber nicht wollen, ist daraus eine Auseinandersetzung entstanden, die immer schärfere Maßnahmen gegen sie in Gang gesetzt hat. Sie sollen sich gefälligst ausweisen, sonst werden sie nicht registriert. Mehr passiert ihnen ja eigentlich gar nicht. Wenn du andererseits bei der deutschen Szene prüfst, wie viele Organisationen vom Verfassungsschutz beobachtet oder nicht zugelassen werden, dann können wir eine ernsthafte Diskussion führen, die auch Sinn macht.

 SB: Putin wird von westlicher Seite im Grunde genommen als Person überzeichnet, als sei er allein Rußland. Zugleich wird in seiner Figur das Angriffsziel ausgemacht. Wie schätzt du die tatsächliche Bedeutung Putins ein? Sind seine Funktion und sein Auftreten innen- und außenpolitisch konsistent oder vertritt er dabei Interessenlagen, die unterschiedlich gewichtet sind?

 KE: Putin ist eindeutig der Mann, der die russische Staatlichkeit nach dem Zerfall der Jahre 1991 bis 1998/99 wiederhergestellt hat. Als solcher wird er von der Bevölkerung geschätzt, mit all den Widersprüchen, die dabei zum Tragen kamen. Er mußte natürlich bestimmte Kreise der Bevölkerung wie insbesondere die Oligarchen und teilweise auch die liberale Opposition hart anfassen. Was er seit 1999 betreibt, bezeichne ich als autoritäre Modernisierung. Man kann ganz klar sagen, daß es sich um keine demokratische, sondern um eine autoritäre Modernisierung handelt. Aber die findet statt, und ich habe ja schon vorhin beim Vortrag hervorgehoben, daß es Putin geschafft hat, die private Situation des Oligarchentums in eine staatliche regulierte korporative Kapitalentwicklung zu überführen. Das gefällt mir zwar auch nicht besonders und ist nach wie vor etwas, das ich eigentlich gar nicht haben möchte. Es ist aber auf jeden Fall ein Erfolg gegen diese Art von privater anarchischer Benutzung des kollektiven Eigentums durch einzelne Personen, die den Staat und die sozialen Bezüge weiter aufgelöst haben. Das wird Putin im Lande selber hoch angerechnet. Auf der anderen Seite wird er heftig kritisiert, wo seine Versprechungen, daß sozial alles besser werden soll, nicht in der Geschwindigkeit, die er gerne hätte, eingelöst werden. Vielleicht will er sie aber auch gar nicht einhalten, wer weiß das so genau. Er steht zwischen den Kapitaleignern und der Bevölkerung, die ihm sein Rating gibt, und ist damit eindeutig Teil der herrschenden Klasse und nicht etwa der Bevölkerung, das ist klar.

 Sein Auftreten nach außen und nach innen ist aus einem Guß. Wenn du siehst, wie sich dieser Mann einmal im Jahr den Fragen der Bevölkerung stellt, dann möchte ich das einmal von unseren Politikerinnen und Politikern erleben. Das ist jedesmal ein Marathon von fünf, sechs, sieben, acht, neun Stunden, in denen er wirklich auf die Fragen eingeht. Und bei der letzten Konferenz gab er in einer weltpolitisch äußerst brisanten Situation ein Interview, in dem er lange Ausführungen auch zur politischen Situation machte. Man würde sich wünschen, auch mal von deutschen oder europäischen Politikern derart inhaltliche Aussagen zu hören.

 SB: Du hast hinsichtlich des Konflikts zwischen Georgien und Ossetien unterstrichen, daß das Nein der russischen Regierung eine neue Phase des Umgangs mit ihr zur Folge hatte. Könntest du dir vorstellen, daß aus russischer Sicht im Falle der Krim oder der Ukraine wieder so eine Grenze gesetzt wird, die aus westlicher Perspektive durchaus als eine auch militärisch gestützte Schranke wahrgenommen wird?

 KE: Das Nein wurde bereits ausgesprochen. Der Beschluß des Föderationsrates, der Putin oder die Exekutive zum Eingreifen in diesen Konflikt ermächtigt, ist bereits als ein eindeutiges Njet zu werten. Ich selbst habe das als einen Schritt der Deeskalation bezeichnet, was keineswegs von allen meinen Freunden und auch der Friedensbewegung geteilt wird. Schaut man sich den Gesamtzusammenhang an, war es ein Schritt der Deeskalation, weil es faktisch zur Beruhigung der Situation beigetragen hat. Diese Entscheidung hat den Vormarsch gestoppt, der da in Gang gesetzt worden ist, mit all den Irritationen, die dazugehören. Ich gehe davon aus, daß die russische Regierung nicht bereit ist, hinter diese Position zurückzufallen. Sie hat nicht die geringste Absicht, einen Krieg vom Zaum zu brechen, sondern einfach nur gesagt, bis hierher und keinen Schritt weiter. Wir akzeptieren das nicht, was ihr hier gemacht habt, das geht zu weit.Wir greifen ein. Damit hat sie eine Situation geschaffen, die die ganze Welt in Aufregung versetzt. Das ist eine klare Zäsur. Was darauf folgt, werden wir sehen.

 SB: In der hiesigen Berichterstattung und Kommentierung wird eher ausgespart als hinreichend erörtert, welche Bedeutung die Ukraine in ökonomischer Hinsicht für Rußland hat.

 KE: Die Ukraine und Rußland haben engste wirtschaftliche Beziehungen.

Rußland ist für die Ukraine sehr wichtig und die Ukraine umgekehrt auch für Rußland. Viele Ukrainer sind als Gastarbeiter in Rußland beschäftigt. Die südlichen Pipelines verlaufen durch die Ukraine in die Europäische Union. Es sind engste Verflechtungen, wenn man etwa an das Donezbecken mit seiner großen Industrie denkt, die derart mit der russischen Ökonomie verbunden ist, daß man das gar nicht auseinanderdividieren kann. Das wissen alle, auch die Europäer und Amerikaner, daß man das gar nicht auseinanderreißen kann. Wollte man es dennoch versuchen, würden das weder die dort lebenden Menschen akzeptieren, noch könnte es die Wirtschaft verkraften.

 SB: Du hast in deinem Vortrag angesprochen, daß Janukowitsch um seine Wiederwahl fürchten mußte, hätte er das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht ausgebremst. Liegt dem ein weit verbreitetes Bewußtsein in der ukrainischen Bevölkerung zugrunde, welche Folgen dieses Abkommen für sie hätte?

 KE: Nein, so würde ich das nicht formulieren. Mit Bewußtsein hat das erst einmal nicht viel zu tun. Es hat etwas mit dem konkreten Erleiden der Wirklichkeit zu tun. Wäre dieser Assoziierungsvertrag abgeschlossen worden, hätte das zweifellos bedeutet, daß die damit verbundenen Auflagen seitens des IWF oder der Europäische Union zu einem enormen Anstieg der Lebenshaltungskosten für die Bevölkerung führen. Beispielsweise fordert der IWF, daß die Gaspreise um zwei Drittel steigen müssen, daß die kommunalen Gebühren erhöht, daß die nicht effektiven Betriebe geschlossen werden und so weiter. Die Währung soll freigegeben und de facto abgewertet werden, was mit Einbußen bei den Lebensverhältnissen verbunden wäre. Dagegen erhebt sich Protest, und aus diesem könnte vielleicht so etwas wie Bewußtsein entstehen. So herum wird ein Schuh daraus. Janukowitsch hätte der Bevölkerung das Assoziierungsabkommen nach dem Motto verkaufen müssen, wir müssen den Gürtel enger schnallen, damit wir nach Europa kommen. Dann kommt man nach Europa, aber der Gürtel ist immer noch zu eng.  Dieser Prozeß läuft nun wieder an, hat doch der sogenannte Übergangspräsident Jazenjuk zuallererst verkündet, man müsse Einbußen akzeptieren. Wie lange er das wohl durchhält? Ich glaube, er hält das nicht lange durch. Vielleicht räumt man ihm ja Sonderkonditionen ein, aber danach sieht es nicht aus. Alles spricht dafür, daß der IWF tatsächlich genauso knallhart vorgeht wie vorher auch. Da werden Forderungen gestellt, das Öl- und Gasgeschäft wird jetzt auf amerikanische Banken und amerikanische Teilhaber überschrieben und so weiter. Es läuft genau das ab, was zu erwarten war, nämlich daß Herr Jazenjuk als Banker die Tür weit aufmacht für westliches Kapital und westliche Kapitalisten. So sieht es aus. Daß die Bevölkerung das honorieren wird, möchte ich schwer bezweifeln.

 SB: In welchem Maße ist der Ruf einer Ausrichtung nach Westen vor allem ein Anliegen der wohlhabenderen Gesellschaftsschichten? Vitali Klitschko sprach ja von den jungen, modernen Eliten, die richtungsweisend für die Ukraine seien. Kann diese Auffassung überhaupt bei der breiten Bevölkerung und insbesondere den ärmeren Leuten Fuß fassen?

 KE: Das kann ich kaum beantworten. Ich kann nur sagen, Klitschko ist Boxer, und ob er wirklich zur neuen Elite gehört, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich denke eher, er hat sich überhoben. Aber es ist kein spezielles Klitschko-Problem, sondern das Problem vieler, die da gegenwärtig unterwegs sind, daß sie gar nicht wissen, was sie tun.

Ich sage es mal ein bißchen salopp. Denn daß der Klitschko sich in seiner eigenen Stärke und in der Situation total verschätzt hat, liegt ja offen vor unseren Augen. Er wurde erst zu einer neuen Figur, einer neuen Bewegung, aufgebaut, und dann läßt man ihn fallen. Und wer ist dran? Die alten Eliten, die schon immer dran waren, nämlich die Oligarchen. Nur in einer neuen Garnitur. Klitschko darf ein paar Worte sagen, vielleicht sogar als Präsident auftreten, aber diese neue Bewegung, die er repräsentiert, spielt in der Übergangsregierung überhaupt keine Rolle. Da spielen die alten Oligarchen, die Neoliberalen, die Rechten, die Nationalisten und Faschisten eine Rolle. Aber Klitschko ist nicht dabei. Wo die jungen Leute bleiben, die mit großen Träumen von Europa auf den Maidan gegangen sind, wird man sehen. Das ist eine ganz tragische Situation.

 SB: Das ist vielleicht auch eine Fehlkalkulation der Konrad-Adenauer-Stiftung und ähnlicher Kreise, die eine Figur wie Klitschko aufgebaut haben. Oder war er von vornherein lediglich eine Spielfigur, ein Strohmann?

 KE: Das eine schließt das andere nicht aus, und die Antwort hast du selber schon gegeben. Er ist von der Adenauer-Stiftung, von der deutschen Politik, aufgebaut, geschult und finanziert worden. Das konnte man immer wieder nachlesen, weil es in völliger Schamlosigkeit und Offenheit dargestellt wurde. Dann hat man ihn ins offene Messer laufen lassen, weil eine Situation hergestellt wurde, der der arme Kerl überhaupt nicht gewachsen war. Er ist auf dem Maidan herumgeirrt und hat gerufen: Bleibt ruhig, bleibt ruhig! Die haben sich einen gelacht. Als am 21. Februar der Kompromiß in Form einer gesamtnationalen Übergangsregierung umgesetzt werden sollte, ist er hingegangen. Da hat man ihn total abserviert und gesagt, wer bist du denn überhaupt? Damit ist der Mann in meinen Augen als Politiker erledigt. Ich glaube, viele Ukrainer sehen ihn ganz anders als die deutschen Medienkonsumenten. Hier wurde er hofiert, aber doch nicht in der Ukraine!

 SB: Vorhin fiel die nicht nur ironisch gemeinte Zwischenbemerkung, daß die deutschen Wirtschaftsverbände im Grunde genommen beinahe die vernünftigste Position in diesem Konflikt vertreten. Man stolpert zunächst schon über den Widerspruch, daß deutsche Wirtschaftsinteressen für eine Zusammenarbeit mit Rußland und gegen eine Eskalation zu sprechen scheinen. Unternehmerverbände haben klar zum Ausdruck gebracht, daß die Geschäftsbeziehungen nicht aufs Spiel gesetzt werden dürften. Woher rührt demgegenüber der Druck, den die Bundesregierung an den Tag legt?

 KE: Diese Frage stelle ich mir auch. Woher kommt dieses Tempo, mit dem die Bundesregierung vorprescht? Ich kann es mir eigentlich nicht wirklich erklären, außer daß sie einfach unprofessionell arbeitet.

Wenn du Frau Nuland hörst, wie sie „fuck EU“ sagt, dann weißt du ungefähr, wo das Problem liegt. Die Europäer – und die Deutschen allen voran – machen in einer Art und Weise Politik, die den amerikanischen Interessen nicht entspricht. Die EU will sich offenbar von den amerikanischen Interessen emanzipieren und voranpreschen, hat dafür aber noch nicht das rechte Geschick. Die Amerikaner können es besser, weil sie bereits mehrere Jahrzehnte Interventionspolitik hinter sich haben. Die Europäer und speziell die Deutschen fangen erst damit an, sie können das noch nicht richtig und haben Fehler gemacht.

Wie sie den Klitschko in aller Öffentlichkeit aufgebaut und dann als Marionette deklariert haben, ist derart blöde gewesen, blöder geht es doch gar nicht mehr. Zumindest im Sinne einer imperialen Logik, die intervenieren will, verbietet es sich, einen Klitschko als Marionette am Gängelband der Adenauer-Stiftung zu präsentieren.

 SB: Würdest du in diesem Zusammenhang auch das Abkommen, das unter deutscher, französischer und polnischer Beteiligung geschmiedet, doch von anderen Kräften sofort gebrochen wurde, ebenfalls als Fehlgriff der EU sehen, die vermutlich von amerikanischen Interessen überholt und ausgehebelt wurde?

 KE: Ich habe das zumindest so wahrgenommen, ich war ja nicht dabei.

Man bekommt immer nur amputierte Informationen und muß stets die Frage stellen, wem das Ganze nützt. Bleibt man an den Einzelheiten hängen, ist man ohnehin schlecht beraten. Soweit ich das vom Ergebnis her bewerte, kann ich nur sagen, daß sich die deutschen und europäischen Interessen offensichtlich verkalkuliert und eine Geschwindigkeit angelegt haben, die sie selbst nicht kontrollieren konnten. Sie haben ihren Westerwelle und wer weiß, wen sonst noch auftreten lassen, sie haben angeheizt und eingeheizt, bis sie das Ganze nicht mehr herunterfahren konnten und es einfach übergekocht ist. Dann haben sie ihren Steinmeier als Feuerwehr geschickt, der mit seinen Amtskollegen aus Frankreich und Polen dem Janukowitsch etwas abgerungen oder versprochen hat, um die höchst brenzlige Situation zu entschärfen.

Kaum hatten sie Kiew den Rücken gekehrt, war ihre Intervention auch schon verpufft. Diese Feuerwehraktion hat überhaupt nichts gebracht, was wiederum zeigt, wie unprofessionell man vorgegangen ist. Ich sage mal ganz freundlich „unprofessionell“, man könnte es auch unverantwortlich nennen, daß sie hinterher nicht auf Einhaltung des unter internationaler Beteiligung ausgehandelten Kompromisses bestanden haben. Kein Wort vom Boden internationalen Rechts, auf dem man sonst so felsenfest steht – nichts dergleichen, du hörst kein Wort davon, das wird einfach hinten runtergekippt. Das soll Professionalität sein?

 SB: Du hast von einem Informationskrieg gesprochen. Die Berichterstattung in den deutschen Medien ist auf geradezu beispiellose Weise eskaliert, als allenthalben Putin mit Hitler verglichen und diverse andere historische Absurditäten kolportiert wurden. Dabei wurden Widersprüche und Gegeninformationen systematisch ausgeblendet oder schlichtweg geleugnet. Kannst du dir vorstellen, wie man so etwas wie eine Gegenöffentlichkeit schaffen könnte?

 KE: Zunächst mal einen kleinen Einwand. Die Quelle des Putin-Hitler-Vergleichs ist Zbigniew Brzezinski, obgleich dieser in seinem neusten Buch eigentlich versucht, Rußland zu umarmen. Er entdeckt sogar demokratische Tendenzen in diesem neuen Rußland – wenn es sich denn von Putin lösen könnte. In der aktuellen Situation fällt er voll auf seine Bärbeißerei und sein Putin-Bashing zurück. Was die ehemalige amerikanische Außenministerin, Frau Clinton, von Putin-Hitler erzählt, hat sie bei ihm abgelesen. Er war der Stichwortgeber, und alles, was du diesbezüglich hier in der Presse liest, ist ein Plagiat der US-Medien.

 Andererseits gibt es in der Tat in der deutschen Presse so eine Art Grundorientierung gegen Putin, so eine Art Beißreflex, der auch rational nicht mehr zu erklären ist, weil er eigentlich dem Interesse der deutschen Wirtschaft zuwiderläuft. Einer meiner russischen Gesprächspartner, Boris Kagarlitzki, hat mir das einmal so erklärt: Das ist der ideologische Reflex auf der einen und die wirtschaftliche Wirklichkeit auf der anderen Seite. Deutschland sucht und braucht die Beziehung zu Rußland, da gibt es überhaupt nichts zu diskutieren. Aber der Neoliberalismus als Ideologie ist derart in die Köpfe der Medienmacher eingedrungen, daß sie selbst Opfer dieser Ideologie sind und gar nicht anders können. Sie müssen ihre neoliberale Ideologie über Rußland ausschütten. Da ist was dran an diesem Gedanken, daß das so eine Art Selbstgänger ist.

Gut, was kann man dagegen tun? Ich kann nur sagen, was ich dagegen tue: Ich versuche, die Situation irgendwie zu durchschauen, was schwer genug ist. Selbst wenn man hinfährt – das hat Susann vorhin auch deutlich gemacht -, kannst du erst einmal nur einen bestimmten Aspekt erzählen. Du brauchst andere Schlüssel, um das, was du selbst erlebt hast, in einen Zusammenhang stellen zu können. Es ist aus meiner Sicht sehr schwer, überhaupt so etwas wie eine Übersicht zu bekommen, und die Frage, wem das alles nützt, ist die einzig relevante Frage, die ich immer wieder stelle. Das ist mein Maßstab, und den würde ich auch gerne anderen mitgeben. Wem nützt das, was da abläuft? Wenn du so rangehst, dann kannst du anfangen zu sortieren. Und das Sortieren ist unbedingt notwendig. Ich gebe ein Beispiel, das ich gerade erlebt habe: In der Zeit von gestern steht sinngemäß über einem Artikel „Putins Ausreden und die Wirklichkeit“. Dann werden zehn angebliche Fragen aufgeführt, die anhand angeblichen Fakten abgearbeitet werden. De facto lösen sich dabei jedoch die Fragen alle im Nebel auf.  Unsere Aufgabe wäre es, in einer Art Faktenchek zu auftauchenden Fragen den Menschen etwas an die Hand zu geben. Was stimmt, was stimmt nicht? Was kann man beweisen, was ist lediglich ein Gerücht? Auf diese Weise könnte man auch den Gerüchtemachern aus der eigenen Kiste entgegentreten. Du hattest vorhin angesprochen, daß man bei der Frage, wer auf dem Maidan geschossen hat, nicht bloßen Verschwörungstheorien anheim fallen darf, da man sich andernfalls selber die Möglichkeit nimmt, seriös zu argumentieren. Man sollte ganz klar bei dem bleiben, was beweisbar ist, und eine Untersuchung des nicht Bewiesenen fordern.

Ich denke, daß in dieser Hinsicht sehr viele Engagement von unserer Seite erforderlich ist. Zudem sollte man den demokratischen Anspruch der Europäischen Union und Deutschlands in der Weise ernst nehmen, daß man seine Einhaltung fordert. Nur auf dieser Grundlage kann man eine wirksame Kampagne ins Leben rufen. Klassenfragen und dergleichen ziehen heute überhaupt nicht. Du mußt auf der Ebene der demokratischen Werte argumentieren, und auf dieser Ebene kann man, wenn überhaupt, mit Menschen ins Gespräch kommen: Schau dir an, was sie wirklich tun, wie sie lügen. So kannst du an die Menschen rankommen, sonst kommst du gar nicht ran.

SB: Du hattest Boris Kagarlitzki erwähnt. Welche Rolle spielt heute eine Linke in Rußland im allgemeinen und insbesondere auch in diesem Konflikt?

KE: Für Rußland gilt im Prinzip ähnlich wie für die Ukraine, daß die Linke eigentlich kaum eine Rolle spielt. Da aber Rußland größer und inzwischen geordneter als die Ukraine ist, hat die russische Linke auf intellektueller Ebene einen größeren Einfluß. Praktisch und politisch hat sie derzeit hingegen keinen Einfluß. Immerhin gibt es aber in Moskau das Institut für Erforschung der Globalisierung und sozialen Bewegungen. Dieses Institut von Boris Kagarlitzki, das mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung aufgebaut wurde und auch unterhalten wird, ist sehr aktiv in der Analyse und Publizistik. Ich denke, daß auf diesem Weg ein gewisser Einfluß ausgeübt wird, den man freilich nicht überschätzen sollte. Die Grenzen sind durch den liberalen Flügel, der nur an seinem Neoliberalismus interessiert ist, sehr eng gezogen. Auf der anderen Seite begrenzen die Altkommunisten den Bewegungsraum.

Beispielsweise wurden vor einigen Jahren Sozialforen organisiert, an denen 1.500 Menschen teilnahmen. Wenngleich das für Rußland natürlich sehr wenig ist, war es für sich genommen doch eine erfreuliche Anzahl.

Regelrechte Strategien kamen dabei allerdings nicht heraus, es ging eher darum, sich mal ausgetauscht zu haben, was auch schon ganz gut war. Interessant ist daran, daß Boris Kagarlitzki, das Institut und eine ihnen angeschlossene Gruppe namens Post Globalisation Initiative vor kurzem nach Brüssel einladen konnten, und zwar zum allerersten Mal nicht auf Kosten des Westens, sondern auf ihre Kosten. Sie haben westliche Freunde nach Brüssel eingeladen, wo wir eine Konferenz zur Lage in der Ukraine durchführten. Ich fand es sehr bemerkenswert, daß es in Rußland inzwischen Kräfte gibt, die bereit sind, die Linke zu unterstützen. Diese bekommt Gelder von irgendeiner Stelle, was wir Sponsoren nennen, während sie von Oligarchen sprechen.

SB: In der Landwirtschaftsausstellung Grüne Woche in Berlin gab es ein Forum Osteuropa, in dem klar formuliert wurde, daß die Zukunft der Welternährung aus Sicht der Agrarkonzerne in Rußland und in der Ukraine angesiedelt sei. Weißt du etwas darüber, inwiefern die Frage der Böden und der Nahrungsmittelressourcen ein strategisches Pfund ist?

KE: Ich weiß, daß die Chinesen gerade im Zuge der aktuellen Auseinandersetzungen in der Ukraine große Ländereien gekauft haben und weitere kaufen oder langfristig pachten wollen. Sie wollen dort Gemüse anbauen, Schweine züchten und so weiter, um die Versorgung ihres eigenen Landes sicherzustellen. Und das gilt nicht nur für die Chinesen, sondern auch für andere Interessenten, weil die Ukraine bekanntlich über sehr fruchtbare Schwarzerdeböden verfügt. Was Rußland betrifft, habe ich mich mit dieser Frage noch nicht intensiv befaßt. Ich weiß aber, daß große Teile des Landes brachliegen. Wenn du mit dem Zug durchs Land fährst – man macht dort schöne lange Reisen von mehreren Tagen -, dann ziehen am Fenster verlassene Kolchosfelder vorbei, auf denen inzwischen halbhohe Bäume stehen. Es sind Felder, die niemand mehr bestellt, und sie neu zu kultivieren bedürfte ungeheurer Anstrengung, weil diese Bäumchen schon stark verwurzelt sind. Land ist also reichlich vorhanden, und wenn man Geld einsetzen würde, könnten Riesenflächen wieder urbar gemacht werden. Aber wer das macht, über welche Kanäle das läuft und welche Gewinne damit erzielt werden, entzieht sich zur Zeit vollkommen meiner Kenntnis.

SB: Kai, vielen Dank für dieses ausführliche Gespräch.

Links zu Schattenblick:

INTERVIEW/211: Der alte Feind – Mit umgekehrten Vorzeichen … Kai Ehlers im Gespräch (SB)  http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0211.html

 …und in der SB-Druckausgabe (.pdf) und SB-Ausgabe für E-Reader (.epub) unter:

 http://www.schattenblick.de/da/2014/03/sb_140324_schattenblick_druckausgabe.pdf

 http://www.schattenblick.de/da/2014/03/sb_2014-03-24.epub

 

Die Krim russisch – was nun?

Die Bevölkerung der Krim hat sich entschieden. Sie will mehrheitlich zu Russland gehören. Der russische Präsident Putin hat das Ergebnis angenommen. Der „Westen“, allen voran die USA und die EU und mit ihnen die Übergangsregierung der Ukraine wollen das Ergebnis nicht akzeptieren – „nie“, wie es aus den USA verlautet. Was nun?

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Ukraine: Nationalismus, Spaltung oder Föderation selbstverwalteter Regionen auf demokratischer Basis?

Schafft ein, zwei, drei viele Allmenden

Bericht vom 36. „Forum integrierte Gesellschaft“  am 09.03.2004

Als Tagesordnung war angesetzt: Bildung und Revolution. Das Thema erhielt durch die Ereignisse in und um die Ukraine eine beunruhigende Aktualisierung,  Stichwort des Treffens war dann: Rebellion ist gerechtfertigt, aber ohne tiefgreifende demokratische Bildung besteht die Gefahr, dass die berechtigte Rebellion von interessierter Seite benutzt und in die Destruktion geführt wird – wie es in der Ukraine jetzt mit all den Folgeerscheinungen der inneren und äußeren Konfrontationen geschehen ist. Besonders beunruhigt uns die Politik Deutschlands, die als „Führungskraft“ innerhalb der EU erkennbar auf den Umsturz eines demokratisch gewählten Präsidenten hingearbeitet hat und unübersehbar bereit ist mit erklärten Faschisten offen zusammenzuwirken. 

 

Das soll an dieser Stelle jetzt nicht im Detail ausgeführt werden. Bitte schaut für Information und Hintergrundanalysen zum Ukraine/Krim-Konflikt auf die Website www.kai-ehlers.de 

 

Hier nur noch so viel:

 

Vertreter des „Forums integrierte Gesellschaft“ und das Forum insgesamt sind zur Krise in der und um die Ukraine mit eigenen Veranstaltungen und Veröffentlichungen aktiv geworden.  U.a. hat sich aus unserer Sicht eine besondere Klammer zwischen der öffentlich angekündigten Veranstaltung des Forums zu dem Thema „Voran zur Regionalisierung statt zurück zur Nationalisierung“ mit den Vorgängen in der Ukraine ergeben, so dass wir beschlossen haben, beide Themen in einer Veranstaltung zusammen zu führen.

 

Wir geben Euch den Aufruf zu dieser Veranstaltung hier in den Rundbrief in der Hoffnung Euch damit zu ähnlichen Aktivitäten anregen zu können. (Aufruf weiter unten und im Anhang.)  Wenn Ihr Hilfe braucht, wendet Euch an uns. Wir meinen, dass es dringend geboten ist, der Verherrlichung des Ukrainer Umsturzes  als demokratische Revolution die Tatsachen entgegenzustellen, die zeigen, wie die Sehnsucht einer Bevölkerung nach Demokratie und Wohlstand durch erklärt antidemokratische Kräfte im Lande selbst, sowie durch die Interventionen der bekannten „global player“ missbraucht worden ist. Dabei nehmen wir,  wo nötig und berechtigt, auch Russland nicht aus, sind aber nicht bereit uns der Dämonisierung Russlands, insbesondere ihres Präsidenten Wladimir Putin anzuschließen. Was wir stattdessen brauchen ist eine an Verständigung orientierte Aufklärung.

 

Das nächste Treffen des Forums ist für Sonntag, d. 06. 04. 2014 angesagt.

 

Ort: Rummelsburgerstr. 78, U-1 Farmsen.  Bitte meldet Euch vorher an.

 

Thema  wird sein: Wie geht es weiter in und um die Ukraine?

 

 

 

Kai Ehlers

 

Im Namen des Forums integrierte Gesellschaft

 

 

 

***

 

 

 

MOTTE – Samstag, 15.03. 2014 um 15.00 Uhr,

 

Kultur- und Stadtteilzentrum, Eulenstr. 43 (Altona)

 

 

 

aus aktuellem Anlass:

 

 

 

UKRAINE:

 

Nationalismus,  Spaltung

 

oder Föderation selbstverwalteter Regionen

 

auf demokratischer Basis?

 

 

 

 

 

Die Veranstaltung in der MOTTE ist angekündigt unter dem Thema: „Zurück zur Nation oder voran zur Region?“ Aus aktuellem Anlass wird die Veranstaltung sich mit den Ereignissen um die UKRAINE beschäftigen. In der Ukraine stellt sich die Frage „Zurück zur Nation oder voran zur Region“ exemplarisch und radikal: Nationalismus, Spaltung  oder Föderation miteinander kooperierender selbstverwalteter, ggfll. auch autonomer Regionen auf demokratischer Basis?  Lautet dort die Frage.

 

Veranstalter ist das „Forum integrierte Gesellschaft“ in Zusammenwirken mit der „MOTTE“. Einen Einführungsvortrag gibt Kai Ehlers, Russlandforscher.  Fragen und weitere Beiträge sind erwünscht.

 

 

 

Eintritt frei

 

(Bitte Hausschuhe mitbringen)

 

 

 

 

 

 

 

 

Vom europäischen Traum zur Europäischen Union

Krisen kennzeichnen unsere heutige Welt – Afghanistan, Nordafrika, Syrien, Somalia, um nur einige zu nennen. Wir leben mit ihnen. Jetzt aber die Ukraine! Seit Monaten fressen sich die Proteste auf dem „Euromaidan“ ins öffentliche Bewußtsein. Inzwischen beherrscht die Ukrainische Krise die internationale Diplomatie, Weltkriegsszenarien werden entworfen.  Was ist an dieser Krise so besonders, dass sie alle anderen Krisenherde derart überragt?

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Russisch – Ukrainische Optionen

Einstimmig haben Moskauer Duma und Föderationsrat gestern Wladimir Putins Antrag zugestimmt, russisches Militär auf dem Gebiet der Ukraine, präziser, auf der Krim, einsetzen zu dürfen... Wer jetzt Invasion, Besetzung oder gar Annexion ruft, hat den Text nicht richtig gelesen und auch die darauf folgenden Ereignisse nicht richtig verfolgt oder will es nicht...

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Ukrainische Perspektiven

Was geschieht heute in der Ukraine? Antworten auf diese Frage fallen schwer. Die Stimmen der Aktivisten auf dem Majdan, die abseits gelegenen, aber nicht minder wichtigen Schauplätze regionaler Proteste, die über die Ereignisse gezogenen medialen, diplomatischen und politischen Schleier internationaler Akteure bilden ein chaotisches, kaum überschaubares Feld.  Wer verstehen will, sieht sich gezwungen zu sortieren.

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Zur Debatte: Europa der Regionen

‚Was ist eine Region?` Wie kann ein Europa aussehen, in dem die Bevölkerung nicht dem Diktat der Banken und Monopole unterworfen wird, aber andererseits auch nicht auf historisch zurückliegende Stufen der Kleinstaaterei, des Nationalismus und Lokalpatriotismus zurückfällt?

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Rußland in die WTO – warum jetzt? Oder auch: WTO auf dem Weg in die Transformation?

Am 22.08.2012 unterschrieb Wladimir Putin das Beitrittsdokument Rußlands zur WTO, der Welthandelsorganisation. Was verspricht sich Rußland von diesem Beitritt? Und warum gerade jetzt? Was wird geschehen?

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Russische Innenansichten – „Einen Plan B gibt es nicht.“ Kai Ehlers im Gespräch mit Boris Kagarlitzki, Gründer des „Instituts für Fragen der Globalisierung und sozialer Bewegungen“

Als Analytiker des „Instituts für Fragen der Globalisierung und sozialer Bewegungen“ ist Boris Kagarlitzki einer jener Kritiker Putins, die über die Tagesproteste und kurzatmige Aufgeregtheiten hinaus denken. Das Gespräch dreht sich um die Frage, welche politischen Entwicklungen nach den zurückliegenden Duma- und Präsidentenwahlen zu erwarten sind. Das Gespräch fand im Juli in den Räumen des Institutes in Moskau statt.

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Brennpunkt Syrien

Auswertung des  17. Treffens zu „Brennpunkt Syrien“ vom 12.05.2012

und Einladung zum Treffen am Sonntag 10.06.2012, 16.00 Uhr;

Thema: Charta für ein Europa der Regionen

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Liebe Freundinnen, liebe Freunde des Forums integrierte Gesellschaft,

das Thema „Syrien“ geht zur Zeit jeden Tag durch die Medien. Es soll hier daher nicht der tägliche Informationsstand referiert werden. Ich werde mich in diesem Bericht auf die Benennung der Grundfelder beschränken, auf denen sich das Gespräch im Forum bewegt hat – und darauf, worauf es sich unseres Erachtens bewegen sollte.

Anders als andere Themen, die uns bewegen, sahen wir uns außerstande, das Thema „Syrien“ auf eine Hauptfrage zu fokussieren – es sei denn man nehme die Tatsache, daß hier das gegenwärtige labile Gleichgewicht des Weltfriedens, besser zu sagen vielleicht, des Nicht geführten Weltkrieges zur Debatte steht.

Womit beginnen? Wie immer, versteht sich, mit dem Versuch einer Bestandsaufnahme der Interessenfelder, die sich hier in vielfältigster, kaum entwirrbarer Form überlagern:

Syrien als ein Glied in der Kette der muslimisch geprägten arabischen Welt. Das ist offensichtlich. Da gelten die gleichen allgemeinen Entwicklungstendenzen wie im gesamten arabisch-mittelmeerisch-muslimischen Kulturraum: Aufbruch einer sich rapide vermehrenden Bevölkerung in dem Wunsch der Teilhabe an den Errungenschaften der europäisch geprägten Moderne, konkret an den im Westen (Europa, USA und auch Rußland) als Ergebnis ihrer Jahrhunderte dauernden kolonialen Vorherrschaft konzentrierten wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten.

Gleichzeitig treten starke Tendenzen der Rückbesinnung auf die Qualitäten der eigenen muslimischen Geschichte und Kultur auf – von gemäßigten bis zu radikalen Positionen.

Diese Motive und Strömungen im Einzelnen, wie sie in Syrien jetzt in Erscheinung treten, auseinander zu halten und nach fortschrittlich oder rückschrittlich, berechtigt oder unberechtigt zu sortieren, dürfte zur Zeit nicht einmal Spezialisten gelingen – und ich denke auch, daß es nicht unsere Aufgabe ist, solche Sortierungen von außen her vorzunehmen.

Sicher ist, daß die unterschiedlichen Strömungen und gesellschaftlichen Fraktionen im Zuge der allgemeinen Entwicklungsprozesse des arabisch-mittelmeerischen Raumes heute an dem gewaltsam hergestellten Konsens einer nach-kolonialen autoritären Modernisierung rütteln, die nicht der Mehrheit der Bevölkerung, sondern nur Teilen der zur Zeit Herrschenden zugute kommt. Sicher ist auch, daß dies eine Entwicklung ist, durch die sich eingesessene Herrschaftsinteressen der westlichen Welt existentiell bedroht sehen.

Der arabische Modernisierungsprozeß, ist nicht als eindeutige Hinwendung zum Westen, aber auch nicht als Rückwendung zu einem wie immer gearteten muslimischen Fundamentalismus zu begreifen. Es geht um eine Besinnung auf die Kraft der eigenen Kultur, aber auch um Überwindung von Entwicklungshemmnissen in der eigenen Kultur. Das ist ein Prozeß, der seine eigene innere Dynamik hat, in den einzugreifen für den Westen nicht ratsam ist.

Darin waren wir uns einig. Es gehen in diesen Prozeß, über diese Tatsachen hinaus, aber auch noch schwer kalkulierbare ethnische und kulturelle Konfliktpotentiale mit ein, die aus den von den westlichen Kolonialmächten zu vorgenommenen willkürlichen Grenzziehungen am Ende der Kolonialzeit hervorgehen – ein syrischer „Nationalismus“, der nur durch die Macht der Einparteienherrschaft der Bathpartei aufgebaut werden konnte und der jetzt innerhalb des Gebietes, das heute Syrien umschließt, gegenüber diversen Sonderinteressen im wesentlichen autoritär gehalten wird.

Strukturell dürfte sich Syrien damit wenig von den anderen Staaten des arabisch-mittelmeerischen Raumes unterscheiden  – ausgenommen Israel und Palästina, die sich unter dem Druck des israelisch-palästinensischen Dauerkonfliktes gewissermaßen in das verwandelt haben, was man, ins Internationale gehoben, eine „Einpunkt-Bewegung“ nennen könnte: für oder gegen ein Existenzrecht Israels in diesem Teil der Welt.

Konkret aber sieht es so aus, als ob die Fraktionierung der im syrischen Gebiet lebenden Bevölkerung auf Grund des historisch undefinierten ethnischen und kulturellen Pluralismus eines Durchgangsraumes zwischen den unmittelbaren Nachbarn der Türkei im Norden, des Irak und des Iran im Osten, des Dauerkrisengebietes Israel/Palästina im Süden und den dies alles durchziehenden globalen Interessen der USA, Rußlands, Chinas weitaus tiefer gehen als in den übrigen Ländern der arabisch-mittelmeerischen Welt.

Das alles bedeutet, daß eine innere Destabilisierung des Landes, ebenso wie eine einseitige Orientierung an einer der genannten regionalen oder auch globalen Mächte sich sehr schnell zu einer Destabilisierung des gesamten mittelmeerisch-arabischen Raumes auswachsen kann. Dies gibt der Herrschaft Assads eine Rolle, die nicht einfach umgangen werden kann, ohne unkontrollierbare Folgen für den Raum nach sich zu ziehen.. Einfach gesagt: Syrien ist nicht Libyen.

Es wären dem bisher Gesagten selbstverständlich noch reichlich Einzelheiten hinzuzufügen, um die Zerrissenheit des Landes und die darauf als Klammer sitzende autoritäre Struktur noch besser zu verstehen. Hier soll aber jetzt zur entscheidenden Frage weitergegangen werden; sie lautet: Wie sollen, wie können wir, wie kann die Welt sich zu „Syrien“ verhalten?

Zwei „Optionen“ stehen sich gegenüber, beide auch benannt in den Texten, insbesondere dem, des österreichischen Friedensforschers Galtung, die wir das letzte Mal mit herumgegeben hatten. Kurz und direkt gesagt: die westliche „Libysche“ Variante (NATO-„Hilfe“ für einen Regimewechsel) und die russisch-chinesische Variante der „Gespräche“

Vor dem Hintergrund, daß jedes gewaltsame Eingreifen von außen, in diesem Gebiet der Welt speziell von Seiten des Westens als Dejá vu des westlichen Kolonialismus erlebt wird, vor dem weiteren Hintergrund, daß eine Beseitigung der mit dem Iran verbundenen Herrschaft Assads den Weg für westliches (Israelisch/amerikanisches) Vorgehen gegen den Iran freimachen würde und schließlich angesichts unbestreitbaren Tatsache, daß die „Friedensmissionen“ der NATO in Afghanistan, Pakistan, Libyen keineswegs zu demokratischen Verhältnissen und geführt haben – und selbstverständlich aus prinzipiellen Erwägungen heraus, daß tragfähiger Frieden und eine tatsächliche demokratische Entwicklung nicht mit Waffengewalt erzwungen werden können, sondern die Erhaltung einer Mindest-Stabilität dafür Voraussetzung ist, kamen wir in unserer Gesprächrunde darin überein, uns für die russische Variante zu entscheiden, d.h., einen „runden Tisch“ zwischen allen Beteiligten – Assad und Kritikern – zu fördern, auch wenn klar ist, daß dies der schwierigere Weg ist und auch dann noch und immer wieder, wenn schon keine Hoffnung mehr zu bestehen scheint. In der Realität vor Ort hat Leben immer Priorität!

Wobei die Paradoxie offenkundig ist und auch Bestandteil der komplizierten Gemengelage in der syrischen Problematik, daß die Variante des „runden Tisches“ ausgerechnet von autoritär regierten Staaten wie Rußland oder auch China vorgeschlagen wird, die ihrerseits reichlich Probleme mit, freundlich gesprochen, verschleppten Reformen haben.

Sich für Gespräche einzusetzen bedeutet daher nicht, das sei unmißverständlich gesagt, das blutige Vorgehen der herrschenden syrischen Kräfte gegen ihr Kritiker, zu rechtfertigen oder auch nur gut zu heißen, es bedeutet auch nicht Rußland oder China zu Mustern demokratischer Politik zu erklären, es bedeutet nur einfach, sich der Dämonisierung Assads nach Art der Dämonisierung Saddam Husseins oder Gaddaffis zu widersetzen – wie gesagt: das Leben hat Priorität! In dieser Frage folgen wir einstimmig der Argumentation des Friedensforschers Galtung. (Wir geben sie deshalb diesem Bericht zur nochmaligen Kenntnisnahme bei).

Wir kamen damit wieder einmal zu der Frage, was wir selbst, über die Enttarnung der in den Medien betriebenen Desinformation hinaus zur Entwicklung von tatsächlichen demokratischen Kräften beitragen können. Unsere vorläufige Antwort:

Wir werden uns beim nächsten Treffen mit der in Entstehung begriffenen „Charta für ein Europa der Regionen“  befassen. In ihr geht es darum, ein Europa zu denken und zu gestalten, daß bei sich selbst Ernst macht mit Selbstorganisation, Entwicklung demokratischer Strukturen und – Menschenrechten.

Wir treffen uns zu dieser Frage am Sonntag, d. 10. Juni 2012 um 16.00 Uhr

Anmeldung über Kontakt zu mir

Zur Vorbereitung liegt diesem Bericht eine vorläufige Fassung der „Charta für ein Europa der Regionen“ samt erläuternden (ebenso vorläufigen) Anhängen bei, außerdem bisher noch nicht eingearbeitete kritische Anmerkungen von mir. (Kai Ehlers). Es handelt sich bei dem jetzigen Stand der „Charta“ nicht um eine endgültige Vorlage für eine endgültige Verfassung, sondern um ein Diskussionsangebot für ein anderes als ein imperial-bürokratisches Europa.

Erarbeitet wurde dieser Entwurf als Ergebnis des „Kongresses integrale Politik“ vom August 2008 in St. Arbogast/Österreich. Er soll dem diesjährigen zweiten „Kongreß integrale Politik“ als Vorlage zugeführt werden. Wir können unseren Beitrag mit einfließen lassen.

Wer aktiv teilnehmen möchte, kann das Vorbereitungsmaterial bei mir über Kontakt bestellen.

Liebe Freunde, liebe Freundinnen, wir würden uns freuen, Dich und Dich und Dich in diesen Diskussions- und Findungsprozeß mit einbeziehen zu können: Die Zeit ist reif.  Wir freuen uns auf Dein Kommen oder auch auf Deinen Beitrag.

Im Namen des „Forums integrierte Gesellschaft“

Herzlich, Kai Ehlers

 

 

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