Was kommt nach Putin?

„Früher  konnte man ja bei der alten Sowjetunion mal die Hoffnung haben, dass sich Probleme bei den Herrschenden oder bei der sowjetischen Politik biologisch erledigen. Putin ist vergleichsweise jung, dynamisch.“ Mit diesem Satz, in dem das „leider“ nicht ausgesprochen, aber aus der Diktion mitzuhören war, resümierte Günther Jauch die von ihm am 17.11.2014 moderierte politische Gesprächsrunde über das von Hubert Seipel mit Wladimir Putin für die ARD geführte und in der Sendung besprochene Interview.

Demgegenüber fragte Matthias Platzeck, SPD, Vorsitzender des deutsch-russischen Forums bei einer zweiten Gesprächsrunde mit Jauch eine Woche später, aktualisiert durch Platzecks eigenen Vorstoß, die Krimfrage nachträglich mit Russland regeln zu wollen sowie durch die Brandrede Angela Merkels beim G-20-Gipfel in Brisbane: „Was käme denn, wenn der russische Präsident weg wäre? Sicher kein proeuropäischer Nachfolger, eher ein noch nationalistischerer Präsident. Wenn Russland als zweitgrößte Nuklearmacht  der Welt aber politisch  instabil würde, hätte das unabsehbare Folgen. Das wäre brandgefährlich!“[i]

Vergleichbare Fragen wurden und werden in den letzten Monaten, Wochen und Tagen rundum in politischen Etagen und in den Medien gestellt. Ohne hier auf die politische Plumpheit solcher Redeweise besonders eingehen zu wollen, stellt sich die Frage: Wissen die Jauch`s und andere Meister des „Talks“ eigentlich, wovon sie reden?

Die Frage mag offen bleiben; andere wissen es dafür umso genauer. Schauen wir ein bisschen zurück: Der Grundimpuls findet sich, wie häufig in diesen Tagen des Ukrainischen Bürgerkriegs und der damit verbundenen internationalen Spannungen, wieder einmal bei Sbigniew Brzezinski. In seinem Buch „Strategic Vision. America and the Crisis of Global Power“ von 2013[ii], in dem er seine nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 entwickelte Strategie der US-Vorherrschaft aktualisiert – nunmehr unter den Bedingungen der Krise der US-Hegemonie – steht die Beseitigung von Putins Einfluss auf Russlands Entwicklung im Zentrum eines ausführlich dargelegten Traums von einem um die Türkei und Russland „erweiterten und vitalen Europa“.

„Angezogen von offenen Räumen und neuen unternehmerischen Möglichkeiten“, schwärmt Brzezinski, „würde die Europäische Jugend herausgefordert  werden ‚to go east‘, sei es zum nord-östlichen Sibirien oder zum östlichen Anatolien.“ In dieser Weise könne eine friedliche Welt entstehen, in der das „größere Europa“ in Gemeinschaft mit den USA der drohenden globalen Anarchie entgegentreten könne.

Einzige Bedingung: Russland wie auch die Türkei, müssten durch den Prozess einer „echten Transformation“ gehen, die beide Länder für den „Westen öffne“. „Es ist (auch) vernünftig anzunehmen, dass im Verlaufe der nächsten zwei oder mehr Jahrzehnte  ein ernsthaftes kooperatives und verbindliches Arrangement zwischen dem Westen und Russland erreicht werden könnte,“ schreibt Brzezinski, „unter optimalen Umständen sogar bis hin zu einer Mitgliedschaft Russlands sowohl in der EU als auch der NATO – wenn Russland in der Zwischenzeit in eine wahrhaft verständige, auf Gesetzen basierende Transformation eingestiegen ist, die sowohl mit EU- als auch mit NATO-Standards kompatibel ist.“[iii] Schon das „nächste Jahrzehnt könnte entscheidend sein für Russlands Zukunft“ und, indirekt, für die Aussichten des „vitaleren und erweiterten Westens.“

Möglich sei dies mit Medwedew oder mit vergleichbaren Kräften der Modernisierung um ihn herum, nicht aber mit Putin. „Unglücklicherweise“, so Brzezinski, „ist Putins Vision dieser Zukunft eine rückwärtsgewandte Kombination von starkem Nationalismus, kaum verhüllter Feindschaft gegenüber Amerika wegen dessen Sieg im kalten Krieg sowie Nostalgie für Modernität und Supermachtstatus zugleich (finanziert, wie er hofft, durch Europa). Der Staat, den er formen will, hat bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Italiens Experiment des Faschismus: ein hochgradig autoritärer (nicht totalitärer) Staat, eine symbiotische Beziehung zwischen seiner Machtelite und seiner Geschäftsoligarchie, ein Staat, dessen Ideologie ein kaum verborgener und bombastischer Chauvinismus ist.“[iv]

Kurz gesagt – mit Putin, so Brzezinski, ist die notwendige „Transformation“ für ein „erweitertes Europa“ nicht zu haben. Brzezinskis Umweg führt deshalb über die Ukraine. Das wurde von ihm in diesem Buch erneut bekräftigt und aktualisiert, nachdem er dies schon in der Vergangenheit immer wieder gefordert hatte, da Russland, wie er es schon Mitte der 90er erklärte, ohne die Ukraine nicht wieder zum Imperium werden könne.[v]

In Brzezinskis neuen Text heißt es scheinbar moderater: „Eine systematisch genährte engere Verbindung zwischen Russland und dem Atlantischen Westen (ökonomisch mit der EU, und in Sicherheitsfragen  mit der ATO und mit den Vereinigten Staaten im Allgemeineren) könnte beschleunigt werden durch eine allmähliche russische Akzeptanz gegenüber einer wahrhaft unabhängigen Ukraine, die dringender als Russland eng an Europa sein und evtl. ein Mitglied der europäischen Union sein möchte. Eine Ukraine, die Russland nicht feindlich gesinnt ist, sondern ihm etwas voraus in seiner Annäherung an den Westen hilft real die Bewegung Russlands Westwärts zu ermutigen in Richtung  einer möglichen sehr lohnenswerten europäischen Zukunft.“[vi] Mit diesen Positionen trat Brzezinski auch auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Frühjahr 2014 auf.

 

Von der Strategie zur Realität

Soweit die schönen Worte von der Modernisierung eines „erweiterten Europa“ in einer globalen Friedenssicherung. Real hieß Modernisierung  der Ukraine jetzt allerdings gewaltsamer, blutiger „Regimechange“. Nach der Logik der diesen Vorgängen zugrunde liegenden Interventionsstrategie müsste dem nun eine ebensolche „Modernisierung“ in Russland folgen. Aber ist der erhoffte Sturz Putins, von dem nicht nur Brzezinski träumt, nach demselben Muster wie der Sturz Janukowitsch`s in der Ukraine zu realisieren?

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, müssen die Kernpunkte in Brzezinskis Analyse noch etwas genauer betrachtet werden: Russlands Beziehungen zu Europa seien „ambivalent“ erklärt er. Russlands politische Elite wolle stärkere Verbindungen zur EU und der NATO, aber sie sei nicht willens die Reformen durchzuführen, die solche Verbindungen ermöglichen könnten. Überhaupt seien die Erfolge Russlands in der Geschichte „eher Nebenprodukte aus Dummheiten der Feinde Russlands als Ergebnis andauernder erfolgreicher Russischer Staatskunst.“[vii]

Auch die gegenwärtige geopolitische Orientierung der russischen Elite „sei sehr konfliktträchtig und in gewisser Hinsicht eskapistisch“, so Brzezinski weiter. „Es existieren in der russischen politischen und geschäftlichen Elite mehrfache Interpretationen für Russlands passende globale Rolle. Viele reiche Geschäftsleute (speziell in Moskau und St. Petersburg) möchten, dass Russlands modern sei, eine Ökonomie europäischen Typs wegen der daraus resultierenden ökonomischen Vorteile. Inzwischen möchten viele in der politischen Elite, dass Russland zur herrschenden Macht in Europa wird, getrennt von Amerika, oder sogar eine Weltmacht auf gleicher Augenhöhe mit Amerika. Und noch andere Russen spielen mit den anscheinend faszinierenden Vorstellungen des ‚Euroasiatismus‘, einer Slawischen Union, oder sogar einer anti-westlichen Allianz mit China.“[viii]

Der „Euroasiatismus“, so Brzezinski, der sich vom Westen abwende, unterschätze die Chinesische Power, die Russland zum Junior Partner erniedrigen werde, wenn es sich von der EU und den Atlantikern abwende. Die Vertreter einer Slawischen Union unterschätzten den Nationalismus bei den jüngeren Weißrussen und Ukrainern. Schließlich trage Russland noch die Last der unbewältigten stalinistischen Vergangenheit.[ix]

Deshalb, so Brzezinski, könne Russland, wenn es sich selbst überlassen bleibe und nicht „ausdrücklich in einen weiteren demokratischen transformatorischen Rahmen gezogen“ werde, „erneut eine Quelle für Spannungen und gelegentlich sogar  eine Sicherheitsbedrohung für seine Nachbarn sein.“ Ohne  eine Führung, „die die Kraft und den Willen zur Modernisierung“ habe, bleibe Russland unfähig für sich eine „stabile Rolle zu definieren, die eine realistische Balance zwischen seinen Ambitionen und seinem tatsächlichen Potential herstellt.“

So bemerkenswert diese Bestandsaufnahme der russischen Vielfalt zwischen Asien und Europa, zwischen seiner Geschichte und den Herausforderungen seiner Gegenwart ist, so fatal ist Brezinskis daraus gezogene Schlussfolgerung, nämlich, dass diese Vielfalt Russlands – die doch nichts anderes ist als Ausdruck der realexistierenden Vielvölkerrealität, durch eine Modernisierung nach dem  Muster europäischer Nationalstaaten ersetzt werden könne. Schon gar nicht kann das innerhalb des nächsten Jahrzehntes geschehen.

Eher schon, wenn in die Zukunft gedacht wird, erscheint eine Föderation, eine Konföderation oder eine Union am Horizont, wie es die Sowjetunion war, wie es die Europäische Union werden möchte, in der die geografischen, ethnischen historischen, wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede des Riesenraumes ausgeglichen werden.

Gegenwärtig aber ist die von Brzezinski kritisierte „Symbiotische Beziehung“ zwischen den verschiedenen Interessen und Strömungen Russlands die adäquate Form des Übergangs in eine solche mögliche Zukunft. Eine „Eurasische Union“, die diesen Prozess auf die unmittelbaren Nachbarn der russischen Föderation erweitert, ist der konsequente und für Russland und für seine Nachbarn in Eurasien richtige Schritt. In der Herstellung der „symbiotischen Beziehungen“, die Brzezinski kritisiert, liegen genau die Qualitäten, die Russland vor dem Zerfall und damit Eurasien vor dem Chaos bewahren.

Weit entfernt davon, Diktator zu sein, beruhen Putins „Symbiotische Beziehungen“ darauf, den Krieg der Oligarchen, die Differenzen der zwischen Asien und Europa sich erstreckenden sehr unterschiedlichen Republiken sowie die konkurrierenden Machtstrukturen in einen Konsens mit der Vielvölkerrealität Russlands geführt zu haben. Dieser Konsens bewegt sich zwischen neoliberaler Öffnung für den Weltmarkt und Erhaltung sowie Nutzung traditioneller Strukturen in Russland. Ausdruck dessen ist die „gelenkte Demokratie“ des „Putinschen Systems“. Das ist selbstverständlich keine Demokratie nach westlichen Vorstellungen. Putin steht im Spagat zwischen – paradox formuliert – autoritärer neoliberaler Modernisierung Russlands und Rückgriff auf die Traditionellen Selbstversorgungsstrukturen des Vielvölkerstaates. Anders als Brzezinski es versteht, liegt darin aber gerade nicht Putins Gefährlichkeit, und auch nicht, um es in andere Worte zu übersetzen, die zur Zeit im Schwange sind, Putins „Aggressivität“, sondern der Versuch der russischen politischen Führung, in einer Zeit des schweren Übergangs aus einem vielfach gebrochenen historischen Prozess in eine den herrschenden Ansprüchen der heutigen Zeit gerecht werdende Gesellschaft zu kommen.

In seiner Rede auf dem Waldai-Forum in Sotchi am 24.10. 2014 hat Putin diese strategische Orientierung noch einmal klar umrissen: „Russland hat seine Wahl getroffen, unsere Prioritäten bestehen in einer weiteren Vervollkommnung der demokratischen Institutionen und einer offenen Wirtschaft, in einer beschleunigten inneren Entwicklung unter Berücksichtigung aller positiven derzeitigen Tendenzen der Welt und der Konsolidierung der Gesellschaft auf Grundlage traditioneller Werte und des Patriotismus. Auf unserer Tagesordnung steht die Integration, diese Tagesordnung ist positiv und friedlich, wir arbeiten aktiv mit unseren Kollegen in der Eurasischen Wirtschaftsunion, der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, der BRICS und anderen Partnern zusammen. Diese Tagesordnung zielt auf die Entwicklung von Beziehungen der Staaten untereinander und nicht auf Absonderung. Wir haben nicht vor, irgendwelche Blöcke zusammenzuzimmern oder uns in einen Schlagabtausch ziehen zu lassen. Jeder Grundlage entbehren auch Behauptungen, Russland sei bestrebt, irgendein Imperium wieder zu errichten oder verletze die Souveränität seiner Nachbarstaaten. Russland verlangt nicht nach irgendeinem besonderen, außerordentlichen Platz in der Welt, das möchte ich betonen. Indem wir die Interessen der anderen achten, möchten wir einfach, dass man auch unsere Interessen berücksichtigt und unsere Positionen achtet.“ [x]

Dabei ist noch anzumerken, dass dieses Programm keine kommunistischen, keine sozialistischen, nicht einmal klare soziale Zielsetzungen enthält. Putin ist kein Kommunist und auch kein Sozialist. Er ist ein neoliberaler Traditionalist und Pragmatiker der Macht. Es begnügt sich, sehr zum Leidwesen der neueren russischen Linken, die sich eine eindeutige Parteinahme Putins für die sozialen Belange der Bevölkerung wünschen, den innenpolitischen Konsens auch auf der außenpolitischen Ebene der Kooperation, ja, der Koexistenz mit dem „Weltmarkt“, zu Deutsch, der zurzeit um den Globus gehenden Kapitalisierung zu halten. Anders gesagt, Putin  schlägt eine Ordnung vor, die sich – darin pikanterweise den von Brzezinski aufgezeigten Perspektiven gar nicht unähnlich – der Aufrechterhaltung der bestehenden Ordnung und der Verhinderung einer globalen Anarchisierung verpflichtet sieht. Diese Position bezieht er erkennbar auch gegenüber der Revolte in der Ukraine, die von Russland sozusagen auf halber Höhe in der Luft gehalten wird.

 

Liberale Revolution?

Was könnte unter den genannten Voraussetzungen das Ergebnis eines „Regimechanges“ in Russland sein? Hat ein solcher Versuch überhaupt einen Boden? Antworten auf diese Fragen müssen notwendig Annäherungen bleiben. Einige Aspekte sollen dennoch in aller Kürze hier noch benannt werden.

Ausgehend von der Tatsache, dass der Regimewechsel die Ukraine nicht in die Modernisierung, sondern ins Bürgerkriegschaos und die Welt an den Rand globaler Konflikte geführt hat, wäre einfach zu konstatieren:

Erstens: Im Gegensatz zur Ukraine, deren Oligarchen bis heute im Krieg miteinander liegen, ist Russlands politische Klasse um den von Putin gehaltenen Konsens versammelt. Russlands Oligarchen sind in soziale und staatliche Strukturen eingebunden. Russland ist, anders als die Ukraine, heute kein oligarchischer Willkürstaat mehr, in dem es die Bevölkerung aus purer Existenznot auf die Barrikaden treibt. Diese Art der Stabilität ist zuvörderst das Verdienst Putins, der die russische Staatlichkeit gegenüber den Privatinteressen der Oligarchen wiederhergestellt hat.

Zweitens: Sofern Proteste stattfinden, handelt es sich um lokale, regionale, partielle oder um Proteste politischer, meist liberaler Minderheiten. Ein „russischer Maidan“, vergleichbar der anti-oligarchischen Revolte in der Ukraine, ist, wenn man den Beobachtern der neuen Linken folgt, die in diesen Fragen möglicher Massenproteste aus eigenem Interesse heraus die verlässlichsten Zeugen sind, zur Zeit nicht zu erwarten.[xi]

Drittens: Anders als die Ukraine ist die Vielvölkerrealität Russlands föderal organisiert und seit der Niederschlagung der tschetschenischen Sezession in den Moskauer Konsens einbezogen. Mehr noch, der gegenwärtige Sanktionskrieg des Westens führt dazu, dass innenpolitische, innerethnische Differenzen einer als gemeinsam empfundenen Bedrohung untergeordnet werden. Das heißt nicht, dass es keine Spannungen mehr zwischen Moskauer Herrschaftsanspruch und geografischen oder ethnischen oder sonstigen Partikularinteressen gäbe. Der Sanktionskrieg  gegen Russland wird jedoch als Angriff auf den gemeinsamen russländischen Organismus verstanden. Westliche Angriffe auf Putin schwächen ihn nicht, sondern lassen die Zustimmung zu Putin als Verteidiger russländischer, das heißt gesamtrussischer Interessen, mit jeder neuen Sanktionsrunde wachsen.

Zusammengefasst, wie es die Linke sieht, die in dieser Frage, wie schon angedeutet, als Kritiker der Putinschen Politik zurzeit wohl den schärfsten Blick auf die Ereignisse hat: Einen russischen Maidan werde es nicht geben, liest man in ihren Analysen – jedenfalls nicht von unten. Eine Gefahr drohe, wenn, dann von oben. Was seit 2000 Putins Stärke gewesen sei, seine Politik des Konsenses, der Symbiose von neoliberalen Reformen und dem, was er in seiner Waldai-Erklärung „Patriotismus“ nennt, das heißt im weitesten Sinne, gewachsene Gemeinschaftsstrukturen, könne in der Folge des Sanktionskrieges zu seiner Schwäche werden, wenn der liberale „Modernisierungsflügel“ unter dem Druck der gezielt gegen einzelne Personen gerichteten Sanktionen aus dem Konsens ausschere.

In der Wahrnehmung der Linken und eher traditionell orientierten Kräfte firmiert diese mögliche liberale Absetzbewegung unter dem Stichwort einer „liberalen Revolution“, das hieße, einer Aufkündigung des bisherigen Konsens, der faktisch, aller Modernisierung zum Trotz, eine gebremste Kapitalisierung beinhaltet.[xii]

Zu dieser Perspektive eines möglicherweise gesprengten Konsenses heißt es in einer Analyse aus dem Kreis des „Institutes für Probleme der Globalisierung und soziale Bewegung“: „Aber  machen wir uns nichts vor: wenn die liberale Revolution Wirklichkeit wird, dann werden ihre Urheber sehr schnell begreifen, wie richtig die These tatsächlich ist, dass die Ukraine nicht Russland ist. Anders als die benachbarte Ukraine  wird Russland, mit Ausnahme seiner Hauptstadt, dann in ein einziges Donbas verwandelt werden“.[xiii]

Übersetzt in die Alltagswahrnehmung auf Talk-Ebene heißt das: Eine Zerstörung des von Putin aufgebauten übergreifenden Konsenses von Seiten liberaler Modernisierer wäre gleichbedeutend mit landesweitem Aufruhr der traditionelleren Kräfte. Welche Kräfte im Einzelnen in dieser Situation nach der Macht greifen könnten, ist unabsehbar, gehört in den Bereich der Spekulation. Sicher ist, dass die vielzitierte europäische Friedensordnung dann tatsächlich zerstört wird.

Kai Ehlers, www.kai-ehlers.de



[i] ARD Talk, 23.11.2014

[ii] Zbigniew Brzezinski, „Strategic Vision. America and the crisis of Global Power“, Basis Books, New York, 2013, S. 153

[iii] ebenda S. 152

[iv] ebenda S. 145

[v] Siehe dazu: Brzezinski, die einzige Weltmacht, Fischer tb, 14358, 1999, S. 74

[vi] Zbigniew Brzezinski, „Strategic Vision. America and the crisis of Global Power“, Basis Books, New York, 2013, S. S. 150

[vii] ebenda. S. 138

[viii] ebenda S. 141

[ix] ebenda S. 145

[x] Quelle, http://www.kremlin.ru/news/46860.

[xi] So Boris Kagarlitzki in “Stoletije”, 25.11.2014

[xii] Boris Kagarlitzki, Vasily Koltashov in LINKS, international journal of socialist renewal, 28.10.2014

[xiii] ebenda